Zuckersüß 440

Steine im NHM

…mit wenig Gebackenem, viel Auswärts-Essen (neunerhaus café, Hacienda ephemer, Brunnenmarkt, Berger & Lohn, Café Weimar, Mochi Ramen), zwei Ausstellungen (Bioinspiration im Technischen Museum und Brasilien im NHM), Ö1 doublecheck über die prekären Beschäftigungsbedingungen beim Sender – und wie immer den besten Links der letzten Tage.

Seit dem letzten Zuckersüß habe ich Polenta-Muffins mit Schnapsmarillen (angelehnt an das Rezept für Polenta Cornbread), Hafer-Sesam-Cookies (bald im Blog) und Buttermilch-Pancakes (+ Chiliöl und Rauchsalz!) gebacken.

Gegessen

Knusperkartoffeln mit Bohnencreme, roten Bohnen, Gurkensalat und rohem Sauerkraut im neunerhaus Café (1050). Eine Freundin hilft dort manchmal aus, und meinte, wir könnten uns mal dort treffen. Essen und Trinken (alles bio!) gibts in dem ziemlich stylishen Selbstbedienungslokal auf Spendenbasis, weder das Gericht noch dessen Plating würden auch nur ansatzweise verraten, dass es in einer „Suppenküche“, die sich vorrangig an obdachlose Menschen richtet, serviert wird.

Einen außerordentlich saftigen Maiskolben in der Hacienda ephemer (1220), großartiges Falafel im Tandooribrot auf dem Brunnenmarkt (1160), eine Laugenbreze vom Felzl, die mit 2€ für Wiener Verhältnisse beinahe erschwinglich war und dazu einen ziemlich guten Powidl-Mohn-Krapfen, ein Wiener Schnitzel mit Senf- und Gurkensalat, sowie eine Créme Brûlée (nicht ganz so gut wie beim letzten Besuch, weil weit weniger vanillig??) und ein Malz-Schokomousse mit Himbeer-Rote-Bete-Sorbet im Berger & Lohn (1180). Einen Topfenstrudel im Café Weimar (1090) und ein Miso-Mushroom-Ramen mit mehrerlei Pilzsorten und -zubereitungen, Zuckererbsen, panierten Tofuwürfeln, Nori und einem eingelegten Ei in der Mochi-Ramen-Bar (1020).

Gesehen

Bioinspiration im Technischen Museum

Die Bioinspiration-Ausstellung im Technischen Museum hatte mich schon länger vage interessiert, und weil ich durch die Bundesmuseencard (super Sache für Museumsfans über 26!) noch einen Eintritt frei hatte, bin ich vergangene Woche mit einer Freundin durchspaziert. Wie das ganze Haus war sie sehr geräumig und voller unterschiedlicher Exponate: Modelle, Fotos, Videos und Mitmach-Stationen, z.B. zu besondern Oberflächenstrukturen, der Statik von Termitenhügeln, oder der Panzerung von Käfern. So wahnsinnig viel Neues habe ich nicht erfahren, weil die einzelnen Phänomene schon eher oberflächlich behandelt werden.

Am beeindruckendsten fand ich das Video zu den kinetischen Objekten von Theo Jansen. Er baut aus PVC-Rohren und Folie Strandbeesten, auf deutsch Strandtiere, die sich von ganz alleine (windgetrieben) bewegen. Hier ein Video dazu. Die Ausstellung läuft noch bis 3. September 2023.

Brasilien im NHM

Eine Innenstadt-Sightseeing-Tour mit Freund_innen geriet am Freitag im stürmisch-regnerischen Wien unerträglich und so landeten wir in der Brasilien-Ausstellung im NHM – im Trockenen. Beginnend mit der Habsburger-Monarchie geht es um politische Verbindungen und Handelsbeziehungen (kolonialistisch und ausbeuterisch) zu Österreich, sowie die natürliche Vielfalt des Landes. Es sind viele, teilweise 200 Jahre alte ausgestopfte/eingelegte Tierpräparate zu sehen, besonders die Falter und Vögel mit ihren leuchtenden Farben fand ich schön. Abgesehen davon ist die Ausstellung großartig designt. Sie kommt fast ganz ohne klassische Vitrinen aus, stattdessen gibt es „Inseln“ im Raum, mit großen, bilderreichen Tafeln und vielen Exponaten auf (meiner) Kniehöhe, ich könnte mir vorstellen, dass das für kleine Kinder sehr spaßig ist. Die Ausstellung läuft noch bis 3. September 2023.

Im Mitmach-/Wissenschaftskommunikationsbereich Deck 50 im obersten Stockwerk des NHM habe ich das sogenannte Brettchenweben kennengelernt, eine Technik, die in der Eisenzeit weit verbreitet war, was z.B. Funde von gewebten Bändern aus Hallstatt belegen. Das Museum hat dazu vor zwei Jahren ein Projekt gestartet, das sich irgendwo zwischen experimenteller Archäologie und Citizen Science bewegt und auf Pinterest organisiert ist, hier ein Video dazu. Nach meinem Klöppelspitze-Rabbit-Hole von neulich habe ich jetzt also noch eine Textiltechnik gefunden, die ich unbedingt mal ausprobieren möchte…

Veröffentlicht

Im Blog: Hafercookies mit Rosenwasser, Pistazien und Walnüssen

Anderswo: nix.

Über mich: (dass es so einen Punkt gibt in dieser Liste?! s. a. den Ö1-vorbei-Pressespiegel von letzter Woche). Das Ö1-Medienmagazin Doublecheck thematisierte am Freitag die prekären Beschäftigungsbedingungen beim Sender: „Dann machen wir es besser“ – oe1.ORF.at (hier nachhören). Der Sager im Titel kommt von Radiodirektorin Thurnherr, die im Interview hauptsächlich beschwichtigt und (für mich) am Thema vorbeiredet. Denn es geht in der Diskussion, die ich anstoßen wollte, nicht um die Burgtheaterschauspielerin, die ein, zwei Mal im Jahr etwas für Ö1 einspricht, sondern um die vielen „Freien“, die – wie ich bis vor kurzem – jahrelang jede Woche, als Brotberuf, für den Sender gestalten.

Ingrid Thurnher sagt: „Ja, es gibt immer wieder den Wunsch auch dieser Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, nach längerer Zeit fix im ORF angestellt zu werden. Das kann ich total verstehen, das kann ich auch sehr gut nachvollziehen. Aber welche anderen Rahmenbedingungen der ORF gerade hat, das ist ja auch nicht unbekannt. Und dass das nicht ganz so einfach ist, glaube ich, ist uns allen bewusst. Ist auch der Geschäftsführung bewusst. Und wir überlegen jetzt natürlich, wenn es da tatsächlich eine anhaltende Problematik damit gibt, schauen wir uns das sehr genau an und wenn wir es besser machen können, dann machen wir es besser.“

Ich hoffe, an dem „wir schauen uns das sehr genau an“ ist was dran, und meine Ex-Kolleg_innen bekommen tatsächlich zeitnah bessere Bedingungen. Abgesehen davon finde ich die Sache mit meinen Beiträgen immer noch höchst fragwürdig, wie auch Max Miller von der Kleinen Zeitung, der den ersten Artikel über die ganze Sache geschrieben hatte (Warum der ORF viele Mitarbeiter prekär beschäftigt).

Im Doublecheck heißt es dazu:

Jana Wiese hat schon während ihrer Zeit im ORF gegen diese Verhältnisse gekämpft, sie war – wie man so sagt – eine Unbequeme. Ihre Beiträge dürfen vorerst nicht mehr auf Ö1 gespielt werden, eine entsprechende Anweisung hat die Radiodirektorin an die Redaktionen ausgegeben, die Order ist bei den Ö1-Sendungsmachern auf Unverständnis gestoßen.

Jana Wiese hat es als eine Art Demütigung empfunden, sie ist immer noch stolz auf ihre Werke. Warum also dieser Schritt, fragen wir Ingrid Thurnher. „Da ist ja kein Beschäftigungsverhältnis mehr mit dem ORF und ich bin mir nicht ganz sicher, ob man da nicht irgendwelche rechtlichen Probleme haben würden. Das würden wir lieber vorher klären.“ Also wenn das geklärt ist, spricht nichts dagegen, Beiträge von Wiese etwa zu wiederholen? „Ja, zum Beispiel“, sagt Thurnher.

Sicherlich bin ich stolz auf meine Arbeit für Ö1, ob meine Beiträge gespielt werden ist mir aber schon recht egal, denn ich habe effektiv nichts davon (also kein Wiederholungshonorar oder dergleichen). Es ist meines Wissens nicht unüblich, dass Beiträge von „Freien“ wie mir, auch nach deren Verlassen des ORF, wiederholt worden – warum das nur bei mir auf einmal ein Problem ist (es gibt ja von mir sogar noch eine fertige Folge Rudi Radiohund, die noch gar nicht ausgestrahlt wurde?!), bleibt offen.

Hier folgen meine liebsten Links der letzten Tage:

Rezepte

KP+ Community Recipe: Zak’s Loaded Corn Muffins (€)
Frühstücksmuffins mit Cheddar.

cauliflower salad with dates and pistachios – smitten kitchen
Guter Wintersalat!

Gemüsekuchen mit geschreddertem Wirsing mit Schmand und Raclettekäse-Füllung – @stevanpaul.de (Instagram)
Kein Rezept, aber jedenfalls Rezeptinspiration.

KP+: Marmalade, Ricotta & Almond cake – by Nicola Lamb (€)
Das hört sich SO gut an.

Orange Curd | Buttermilk by Sam
Warum nicht mal Orangencurd machen… (Zitrone, Cranberry, Rhabarber schon im Blog).

Heißewecken – Plötzblog – Selbst gutes Brot backen
Werde ich jemals genug Geduld haben für Gebäck mit so langer Teigführung/Zubereitungszeit, selbst wenn es sich so gut anhört wegen Sahne und Rosinen im Teig?

Oat Flour Brownies | Buttermilk by Sam
Vorgemerkt für wenn ich mal wieder was Glutenfreies brauche.

Texte

Getting Lost in the World’s Largest Stack of Menus | TASTE
Eine historische Speisekartensammlung in der New York Public Library!

You can feel the weight of history when handling these historical artifacts—the oldest and most delicate are sheathed in protective Mylar. If a menu is stained, it makes you wonder where the stains came from. What did the original possessor of the menu order? I imagined New York City’s hungry denizens enjoying unfamiliar dishes like “pig’s knuckle in jelly” or “calf’s head with brain sauce.” You might find yourself wondering what “frostfish” is when looking at a Waldorf-Astoria menu from 1901, whether the Beluga caviar for $1.50 seemed expensive (hint: it’s $52.59 in today’s dollars, adjusted for inflation), or how the restaurant managed to have nine different species of game birds on the menu. If you’re curious what Chinese food in America was like in 1904, the collection has answers.

How Noma Made Fine Dining Far Worse – The Atlantic
Ein Nachtrag zu den vielen Noma-Links von vergangener Woche:

The answer to that last question depends on the meaning of we. Usually left out of this equation are the lives—and dignity—of the people creating and serving that food. Diners not only should be looking down at plates for more joyful and bountiful presentations of food; they also should be looking up. Are the people in the kitchen smiling and moving loosely? Or do they look like stressed-out zombies on the brink of collapse? Food, ultimately, is supposed to provide satisfaction and joy—not just to the person eating but to those making and serving it too.

Raw eggs, pink pills, and embodied identity: Online communities create their own proof in a vacuum of truth – Document (via Aus dem Internet-Observatorium)
Ein Essay über Expertise und verschwindende Institutionen, mit toll inszenierten Fotos dazu. Den Newsletter des Autors, Joshua Citarella, der sich als internet culture researcher vorstellt, habe ich gleich mal abonniert.

Nutritional science is a relatively new field, and its findings are frequently overturned. This lack of expert consensus results in an uncertain terrain, where fitness influencers can demonstrate progress over time as a way of substantiating their claims. Posting photos or videos of themselves performing sets of exercises or following a meal plan becomes the necessary proof of efficacy.

Vertical communities – noahpinion (via Aus dem Internet-Observatorium)
Über Gemeinschaften:

Constant internet usage allowed us to organize a far greater percentage of our human interaction around vertical communities. It let us find the people we identified with and interact with them, rather than being forced to interact with whoever was close to us on the map. We could surround ourselves with other anime fans, or other Muslims, or other economists, or other trans people — and we did. What were once notional bonds of connection that existed mostly in our minds became Facebook groups and subreddits and loose networks of Twitter contacts. And those spaces developed their own norms, rules, customs, and institutions, because now, thanks to the internet, it was easy to do that.

Tiktok’s enshittification – Pluralistic
Mit genau dieser Thematik, bezogen auf Podcasts, beschäftige ich mich in meiner Masterarbeit (s. z.B. Birch, 2020, Nieborg & Poell, 2018, Plantin et al., 2018, Sullivan, 2018), mit ein bisschen ~neutralerer~ Terminologie als Cory Doctorow:

This is enshittification: surpluses are first directed to users; then, once they’re locked in, surpluses go to suppliers; then once they’re locked in, the surplus is handed to shareholders and the platform becomes a useless pile of shit. From mobile app stores to Steam, from Facebook to Twitter, this is the enshittification lifecycle.

Have You Tried Turning It Off and On Again: Rethinking Tech Regulation and Creative Labor -EFF.org
Nochmal Cory Doctorow:

As these platforms have locked up billions of users inside  walled gardens, they have made it all-but-impossible for creators to  reach their audiences without first acceding to whatever terms a massive  gatekeeper demands.
Under these market conditions, giving a creator extra copyright  is like giving a bullied kid extra lunch money: it doesn’t matter how  much money you give that kid, the bullies are going to take it all. This  is true even – especially – if the bullies use some of that stolen  lunch money to pay for a massive global ad campaign exhorting us to  think of the poor hungry kids and demanding that we give them even more lunch money.

Where the Wild Thoughts Are – Ribbonfarm
Diesen Blogpost von 2011 habe ich über verschlungene Wege gefunden, das meiste darin ist wohl längst überholt. Diese Metapher zur Monetarisierung mag ich für mein eigenes Blog (das ich jetzt 13 Jahre lang nicht monetarisiert habe, und das auch nicht ändern werde) behalten:

It is not the Life Purpose of every Wild Thought to create economic wealth for humans. So Ribbonfarm is not really a farm, but a sort of protected nature preserve for Wild Thoughts. To charge for access, I’d have to turn it into a zoo, and put the Wild Thoughts into miserable little cages. The Wild Thoughts that want to self-domesticate and earn a living outside the nature preserve can go ahead and do that. They’ll make their way in the wider world as best they can.

Notes On Hypertext – Robin Rendle
Noch ein kurzer Blogging-vs-Social-Media-Meta-Gedanke:

I think that’s one quality of a good old blog; reader agency. I remember late nights roaming through my favorite blogs and I’d find something, a small trinket of the tiniest little poem, from way back in 2002. And because there were no likes or comments or anything attached to the post, I decided it was important.

Audio/Video

BBC Radio 4 – The New Gurus (via @Atzarar)
Eine Podcastserie über Gurus, von klassischen indischen Gelehrten zu Wellness-Influencern und Selbstoptimierern. Gehostet von Helen Lewis, einer The Atlantic-Autorin, produziert vom Podcaststudio Tempo&Talker *für* BBC Sound. Ich bin gespannt, ob und wann es solchen auf die Art und Weise produzierten ~content~ auch bein österreichischen Öffentlich-Rechtlichen gibt (bis jetzt hat ORF-Sound ja kaum echten Mehrwert, was aber hauptsächlich am ORF-Gesetz liegt).

Sonst so

On Culinary Tourism – From the Desk of Alicia Kennedy
Alicia Kennedy unterrichtet kommendes Semester in einem MA-Programm an der Uni in Boston und newsletter-t über ihr Curriculum.

How a Paloma Milk Punch With a Koji Cocktail Rim Gets Made | PUNCH
Ein Cocktail aus der Kategorie „High Concept“ (zu Trinken in der Paradiso Bar in Barcelona).

Sugar Coated Magazine
Silvia vom Wiener Kunstgeschichte- und Foodblog Appetite for Life hat ein online-Magazin übers Zuckerlmachen gestaltet.

Backkatalog



Hi, ich bin Jana.
Seit 2009 veröffentliche ich hier wöchentlich Rezepte, Reiseberichte, Restaurantempfehlungen (meistens in Wien), Linktipps und alles, was ich sonst noch spannend finde. Ich arbeite als Podcastproduzentin und freie Kulinarikjournalistin. Lies mehr über mich und die Zuckerbäckerei auf der About-Seite.

Meine Sketchnotes:
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Im Zuckersüß sammle ich (fast) jeden Sonntag meine liebsten Links der Woche: Rezepte für die Nachback-Liste, lesenswerte Blogposts, Zeitungsartikel und Longreads, Podcasts oder Musik, die mir gerade gefällt und oft genug auch Internet-Weirdness. Außerdem schreibe ich auf, was ich sonst so interessant fand: neue Rezepte in meiner Küche, Lokale, in denen ich gegessen, Pullover, die ich gestrickt oder Texte, die ich geschrieben habe.