Zuckersüß 491: Misogynie, Medienwandel, Muster

Samstag-vor-Weihnachten-Karaoke im Marea Alta

…mit nix Gebackenem, einer Cocktailbar (Krypt), Karaoke (Marea Alta), einem Buch (Caliban and the Witch), zwei Strickprojekten (Seascape Stole und Socken)und wie immer, den besten Links der letzten Woche.

Seit dem letzten Zuckersüß habe ich nix gebacken. Wow.

Gegessen

Vogerlsalat mit Grapefruit-Filets, Sonnenblumenkernen, Orangensirupdressing und Sauerteigstarterknäckebrot. Vogerlsalat mit gegrillten Austernseitlingen. Suppengemüse-Brot. Alles-was-der-Vorrat-hergibt-Nudelauflauf. Kaiserschmarrn mit übriger Crème frâiche im Teig, dazu Quittenkompott. Glühwein und Weihnachtsplätzerl am Feuer.

Krypt Bar

Ich war zum ersten Mal in der Krypt Bar (1090) und mochte es sehr. Hier habe ich die Details aufgeschrieben.

Gesehen

Das außerordentlich unterhaltsame Karaoke im Marea Alta (1060), s. die Bühne im Titelbild. Kernerkenntnis: Männer von Grönemeyer ist ein idealer Karaokesong, Millenials in Wien sind beunruhigend textsicher bei obskuren Christl-Stürmer-Songs (oder ich einfach nicht vollständig integriert in dieser Gesellschaft), und Gimme Gimme Gimme von ABBA ist großartig zum Mitsingen, hat aber eine viel zu lange instrumental break.

Gelesen

Caliban and the Witch

Ein paar Kapitel von Caliban and the Witch. Women, the Body and Primitive Accumulation von Silvia Federici, von dem ich nicht erwartet hätte, dass es in seiner Geschichtserzählung schon im frühen Mittelalter beginnt. Ihre Hauptthese:

„the persecution of the witches, in Europe as in the New World, was as important as colonization and the expropriation of the European peasantry from its land […] for the development of capitalism.“

Silvia Federici: Caliban and the Witch (S. 3)

Sie argumentiert, dass primitive Akkumulation (Marx) nicht nur eine Anhäufung von ausbeutbaren Arbeitern und Kapital ist, sondern auch eine „accumulation of differences and divisions within the working class“ (S. 63), entlang der Linien gender, race und Alter. Außerdem zeichnet sie eine ziemlich grausame Geschichte von Misogynie nach, z.B. mit legalisierter Vergewaltigung und staatlich subventionierten Bordellen im Mitteleuropa des 15. Jahrhunderts. Auf mehreren Ebenen keine leichte Lektüre.

Gestrickt

Ein paar Reihen an meiner Seascape Stole, ein paar Runden an den improvisierten Socken.

Veröffentlicht

Im Blog: Krypt Bar, Dezember-Dinnerparty

Anderswo: Nix.

Rezept

Olive-Oil Mashed Potatoes With Bay Leaves Recipe – NYT Cooking
Ein ganz anderer Zugang zu Kartoffelpüree als meiner (Milch/Butter/Muskat).

Black Eyed Peas with Cornbread Dumplings – Joy the Baker
Bohnen-Hackfleisch-Eintopf mit Griesnockerln, aber aus Buttermilch und Maismehl.

Panissa Ligure – Claudio del Principe
Kichererbsenmehl-Fritten.

Hot Honey Baked Sweet Potatoes Recipe – NYT Cooking
Diese Zutatenkombi taugt mir: Süßkartoffeln, Chili-Honig, Ziegenkäse, Pecans.

Texte

Gisèle Pelicot removes all trace of husband in France mass rape trial – bbc.com
#allmen

Sometimes, Gisèle came close to having suspicions. Once, she had noticed the green colour of a beer her husband had handed her, and hastily poured it down the sink. Another time, she noticed a bleach stain she couldn’t recall making on a new pair of trousers. „You’re not drugging me by any chance, are you?“ she remembered asking him. He broke down in tears: „How can you accuse me of such a thing?“

‘We Can Bury Anyone’: Inside a Hollywood Smear Machine – The New York Times (via mmiedl auf bsky)
WTAF. Orchestrierter online Frauenhass, angeleiert von einem Typen, der sich Gleichberechtigung als brand anheftet.

A brand marketing consultant, Terakeet, produced a report in August for Ms. Lively that concluded she had likely been the object of a “targeted, multichannel online attack” similar to one against Ms. Heard, and that it was damaging her reputation.
The report did not identify who was behind the attack. But by analyzing “the entirety of Google’s search index” for Ms. Lively’s name, it found that 35 percent of the results also included a reference to Mr. Baldoni. This was highly unusual given the length of her career, the company said, and suggested that the media environment was being manipulated.

Das Rammstein-Syndrom. Junge Frauenkörper als Wegwerfware (Sonja Eismann) – Blätter (via Nikolaus Forgó)
Mehr Misogynie.

Männliche Promiskuität, über Jahrhunderte mal mehr und mal weniger still geduldet, wurde nun zum Prinzip erhoben, und Frauen, denen ebendiese sexuellen Ausschweifun- gen nie zugestanden worden waren, konnten nur um den Preis daran partizipieren, dass sie eine umsorgende und dienende – und damit wieder sehr klassisch weibliche – Form von Sexualität lebten. Sie waren in erster Linie dafür zuständig, zur rechten Zeit sexuell verfügbar zu sein und männliche Stars mit rekreativem Sex zu entspannen. Ihre Körper wurden so zu einer Ressource, anhand derer Männer einerseits gegen das System mit seiner Betonung von heterosexueller Ehe rebellieren konnten, andererseits das patriarchale Klischee vom potenten, promisken Mann überbetonten.

Death by a thousand substacks – Big Desk Energy (via Garbage Day)
Tyler Denk ist Beehiv-CEO, schreibt als direkter „Konkurrent“ von Substack also wohl kaum ohne Agenda. Aber ich finde seine Kritik sehr berechtigt, und musste mich in dieser Woche sehr ärgern, weil ich eine Substack-Publikation plötzlich nicht mehr über das *offene* RSS abonnieren konnte. S.a. meine Ode an RSS-Feeds von 2021.

Substack has become the Amazon of publishing. It offers the consensual hallucination of independence and ownership while deceivingly consolidating control and dictating the terms of success for sellers (i.e. you, the writers).

How Video Streamers Conquered the Media – The Ringer (via miasato auf bsky)
Demnach bin ich mit der Zuckerbäckerei auch lost:

The web journalist and the content creator aren’t strictly or necessarily opposed to one another. You’d maybe think they’d be able to comfortably coexist and constructively interact as parts of two content-driven ecosystems. Realistically, though, the web journalist and the content creator are locked in a zero-sum war for attention spans—a war that the web journalist has at this point decisively lost.

Trump, Milei & Co.: Angriff der Horrorclowns | Kolumne – Übermedien
Johannes Franzen fordert mehr Humorlosigkeit in der Politberichterstattung:

Doch solche Pannen, die zum festen Repertoire der Clownspolitik gehören, schaden den politischen Karrieren ihrer Protagonisten nicht – im Gegenteil. Clownspolitik immunisiert sich erfolgreich gegen jede Form von Spott und Kritik, indem sie das Ausgelachtwerden zu einem festen Bestandteil der eigenen Identität macht. Durch die ausgestellte Inkompetenz wird eine Harmlosigkeit suggeriert, die dem Erschrecken über konkrete politische Überzeugungen den Stachel ziehen soll. Man hat ja auch keine Angst vor einem Menschen, der ständig auf einer Bananenschale ausrutscht.

More Men Are Addicted to the ‘Crack Cocaine’ of the Stock Market – WSJ
Bitcoin etc etc:

Addiction counselors say gambling in financial markets often goes undetected and can be tough to track because individuals confuse their actions with investing. Unlike sports-betting apps such as FanDuel and DraftKings, most brokerage apps don’t post warnings about gambling or offer hotlines to seek help.
The proliferation of financial instruments, along with flashy brokerage apps that make them easy to trade, has also helped some gamblers convince themselves that they weren’t actually placing bets.

We’re back – ☆ Franziska’s Newsletter ☆
Meine Freundin Franziska Schwarz hat ihren großartigen Politik-/Medien-Newsletter nach zwei Jahren Pause wiederbelebt und ich freu mich schon sehr auf die nächsten Ausgaben.

Audio/Video

Sabrina Carpenter: Tiny Desk Concert
Cutes Konzert!

Mit Autorin Anna Mayr bei Langzeitarbeitslosen – Hanser Rauschen (via Nikolaus Forgó)
Nach diesem Interview mit Anna Mayr habe ich große Lust, ihr Buch „Die Elenden“ zu lesen.

Judging Khesrau Behroz: Zweite „Cui Bono“-Staffel & „Judging Amanda Knox“ – Ohrensessel
Ich war diese Woche auf einem FJUM-Event, wo es ein Q+A mit Khesrau Behroz gab. Ich habe keine einzige seiner Produktionen ganz angehört, aber diese sehr ausführliche Analyse von Sandro und Carina Schroeder deshalb umso lieber angehört.

Und insgesamt müssen wir feststellen: Das Erfolgsrezept einer biografisch-erzählten Story mit gesellschaftlichen Meta-Thema nutzt sich für uns langsam, aber sicher, ab. Please judge us…

Sonst So

Particle Persona Quiz: Discover Your Subatomic Self
Ich verstehe nix von der darunterliegenden Physik, fand das aber ein niedliches Browsergame. Erinnert mich an das diesjährige Valentinstags-Google-Doodle „Chemistry Cupid“.

The Leafhopper / @the_leafhopper
Meredith Willmott arbeitet an der Nerd-Schnittstelle von Insektenforschung und Illustration/Strickmustern („entomoloknitwear“).

Holly Sweater – Pernille Larsson – ravelry.com
iiiiirgendwann strick ich mir einen Weihnachtspullover, z.B. diesen hier.

KnitHello – Typeknitting
Eine neue Strick-Font.

Knit Hello is a typeface made especially for hand knitting. It was developed for beginners – knitters without previous knowledge in typography, and graphic designers who have just picked up their needles. Knit Hello’s four cuts serve different parts of your process: from Pixel, a font for layout and knitting programs, to KnitGrid, a font with integrated chart and slipstitch notation.

Backkatalog:



Hi, ich bin Jana.
Seit 2009 veröffentliche ich hier wöchentlich Rezepte, Reiseberichte, Restaurantempfehlungen (meistens in Wien), Linktipps und alles, was ich sonst noch spannend finde. Ich arbeite als Podcastproduzentin und freie Kulinarikjournalistin. Lies mehr über mich und die Zuckerbäckerei auf der About-Seite.

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Im Zuckersüß sammle ich (fast) jeden Sonntag meine liebsten Links der Woche: Rezepte für die Nachback-Liste, lesenswerte Blogposts, Zeitungsartikel und Longreads, Podcasts oder Musik, die mir gerade gefällt und oft genug auch Internet-Weirdness. Außerdem schreibe ich auf, was ich sonst so interessant fand: neue Rezepte in meiner Küche, Lokale, in denen ich gegessen, Pullover, die ich gestrickt oder Texte, die ich geschrieben habe.