Zuckersüß 477: Restaurantkritik, Trinkwasser, Klimazonen

mein DojaCat-Kleid ist fertig!

mit wenig Gebackenem, einem Besuch auf dem Ottensheim Open Air, einem Museumsbesuch (mumok), Kino (Inside Out 2), zwei Lokalen (Café Caché, toma tu tiempo) – und wie immer, den besten Links der letzten Wochen.

Seit dem letzten Zuckersüß habe ich Cheesecake-Marmor-Brownies (Rezept von 2021), Olive Oil Basque Cheesecake (nach diesem Rezept von Marie Frank) und Cornflake Crunch (nach momofuku milk bar, Rezept von 2020). Außerdem habe ich mal wieder übrige Melonenschalen gepickled (Rezept von 2023).

Gegessen

Wassermelonen-Gurken-Feta-Minz-Salat mit Naan. Palatschinken mit mazeriertem Obst, Eis und Ganache. Bosna und einiges an Minimalaufwands-Zeltplatz-Essen. Zitronen-Zucchini-Pasta. Gepimptes Instant-Ramen. Tomatensalat aus den hübschesten bunten Tomaten, die ich am Markt gefunden habe.

Ein spontanes indisch-inspirertes Abendessen für neun Leute: Basmatireis, Dal, Aloo Masala (angelehnt an dieses Rezept), selbstgemachtes Knoblauch-Naan (angelehnt an dieses Rezept), Minzjogurt, dazu Karotten-Pickles, Mangowürfel und viel Koriandergrün.

Café Caché

Ich war erstmals im Café Caché (1150) und wirklich schwer begeistert. Kühler Rotwein und bis ins Detail durchdachte Bistro-Snacks, z.B. Oeuf Springgreem Mayo, Chili crunch, Senfpickles (5,20€) oder Creamy Chilled Maissuppe & Koriander-Salsa (10€).

toma tu tiempo

Das toma tu tiempo (1070) ist schon lang auf meiner gastronomischen Wienkarte eingezeichnet, dort war ich noch nie. Beim zufällig Vorbeilatschen am Freitagabend war für mich und meine Begleitung auf wundersame Weise ein Tisch frei, und so kehrten wir für einen kurzen Absacker ein: Eisgekühlter Tinto de Verrano (6,50€) mit Orangen- und Zitronenvierteln, dazu Pimientos de Padron (8€) und Patatas Bravas mit Aioli und Chilisauce (8,60€). Der Besuch fühlte sich atmosphärisch stark wie einen Ausflug in den Süden an, die heiße Wien-Neubau-Betonwüsten-Luft wurde nämlich von einem Deckenventilator sachte durchs Lokal bewegt. Die Playlist war lustig klischeebehaftet und enthielt einige Sommerhits meiner Kindheit, z.B. La Camisa Negra von Juanes.

Gesehen

Inside Out 2 in der englischen Originalfassung im Kino – witzig und cute und voller toller visueller Metaphern (auf dem „stream of consciousness“ zum Hinterkopf treiben!).

Ottensheim Open Air

Ich habe mein siebzehnjähriges ich gechannelt und bin ausgestattet mit Zelt usw. mit Freund:innen im Zug zum Ottensheim Open Air gefahren. Vom Line-Up kannte ich tatsächlich kaum wen, nur My Ugly Clementine höre ich schon seit Jahren gerne. Umso mehr habe ich mich gefreut, dass sie an diesem Abend Natasha Bedingfields „Unwritten“ gespielt haben. Ich finde, das ist eine der schönsten Coverversionen überhaupt (auf YouTube gibts eine Aufzeichnung von der Spotify Stripped Down Session von 2020). Sehr amüsiert habe ich mich auch bei Stefanie Sargnagel, die in Begleitung von Euro Teuro aus Dicht gelesen hat, in dem mir erstaunlich viele Schauplätze ziemlich vertraut sind (nur das beschriebene Milieu, das überhaupt nicht).

mumok

Aus Gründen der Hitzeflucht bin ich für eine Stunde ins mumok, in die neue Mapping the 60s Ausstellung. Passenderweise war eines der ersten Stücke, die mir begegnete Impazza Angela Artista von Pier Paolo Calzolari (1968), ein ratterndes Kühlaggregat, um das herum der Raum merklich kühler war. Vor Alghiero Boettis gestickter La Mappa del Mondo stand ich ziemlich lang. Nicht nur weil mich Textilkunst üblicherweise sehr in den Bann zieht, sondern auch weil ide Grenzen/Flaggen andere waren: DDR, Spanisch-Westsahra, Jugoslawien und natürlich die UdSSR. So insgesamt war ich am Ende etwas ratlos, denn mit dem grundsätzlichen 60er-Jahre-Kontext der Ausstellung bin ich eigentlich einigermaßen vertraut, um die Werke einzuordnen fehlte mir aber jegliche kunsthistorische Ahnung.

Der Ausstellung Mapping the 60s liegt die Überlegung zugrunde, dass maßgebliche gesellschaftspolitische Bewegungen des 21. Jahrhunderts ihre Wurzeln in den 1960er-Jahren haben. So beruhen etwa Black Lives Matter oder #MeToo auf den damaligen antirassistischen und feministischen Aufbrüchen, und nicht anders verhält es sich mit den aktuellen Diskussionen um Krieg, Mediatisierung und Technisierung, Konsumismus und Kapitalismus.

mumok

Und die „Kunst-Geschichten“ im Ausstellungs-Untertitel erzählen hoffentlich die Vermittler:innen des Hauses?

Gelesen

Für kommende Folgen im Podcast Jeannes Varieté hab ich kurz in Katja Lewinas Was ist schon für Immer und Theresia Enzensbergers Schlafen hineingelesen. Ersteres würde ich weiterlesen, zweiteres fand ich recht belanglos.

Gestrickt

Das DojaCat-Kleid ist fertig, s. Titelbild (vgl. Zuckersüß 476)! Aber noch nicht geblockt. Außerdem will ich sommerhalswehbedingt asap ein Knitting Badge Neckerchief anschlagen, wahrscheinlich aus meinem übrigen Muka Linen Garn.

Veröffentlicht

Im Blog: cucina alchimia, „Kochen im falschen Jahrhundert“ – Teresa Präauer

Anderswo: Folge #21 Analog-Astronautin im All – mit Carmen Köhler und #22 Regenbogen-Zebra – mit Julia Girardi-Hoog von Jeannes Varieté, dem Podcast meiner Chefin Jeanne Drach, den ich mitkonzipiert habe und laufend mitproduziere. In Folge 22 geht es um feministische Stadtplanung, ich empfehle darin Leslie Kerns Standardwerk Feminist City (das ich vergangenen Herbst hier im Blog besprochen habe). Das Zebra im Folgentitel ist übrigens auf das Interview mit Julius Uhlmann zurückzuführen, der an der Bauhaus-Uni Weimar in seinem PhD Zebrastreifen-Kulturen in verschiedenen Ländern erforscht, und die wunderbar nerdige Webseite European Zebra mit Fotosammlung dazu betreibt.

Hier folgen meine liebsten Links der vergangenen Woche:

Rezepte

Spaghetti all’assassina – Splendido Magazin
Apulische Pasta.

Texte

After 12 Years of Reviewing Restaurants, I’m Leaving the Table -NYTimes
Über die Gefahren des hauptberuflichen Restauranttestens, und den Versuch, fair zu berichten:

By browsing my way across the city like a goat, I could try to level a playing field that is deeply tilted in favor of restaurants with money. Manhattan’s sea-urchin spaghetti factories can always buy attention. It’s not as easy for a soul-food hangout in Stapleton or a Palestinian kitchen in Bay Ridge or an Ensenadan aguachile specialist in Jackson Heights. So off I would go, because if I didn’t, a really important restaurant might be overlooked.

no. 92: thirst made visible – let them eat cake
Wasser privatisieren ist schon eine der dümmeren Ideen der Geschichte. Aber: wenn das öffentliche Gut Wasser nicht gefahrenfrei trinkbar ist, hilft seine kostenlose Zugänglichkeit auch wenig.

And the public fountains remain, everywhere. They are reminders of Rome – reminders that you can, and perhaps have to, build empires on watermelon. We see public faucets in every city, people filling jugs by the highway outside Mazara, faucets in the village square, in the fish market in Catania. An honor guard of them guides you down the Valley of the Temples, small monuments to the history of infrastructure and everything that came after.  People come for their day’s water, their week’s supply. Fishmongers draw buckets to sluice their tables. 

In photos: How delivery riders are coping with India’s extreme heat wave – rest of world (via Web Curios)
Was für ein scheiß Job.

Kumar refills his bottle at restaurants, hotels, and sometimes even  banks. “In high-end societies, they have water coolers near the guard’s  room, so we get chilled water,” he said, adding that customers don’t  usually offer water to delivery workers despite the heat.
Kumar is most worried about the health risks of direct sun exposure.  He wears two layers of clothing to protect himself from the sun despite  the risk of overheating. “If we expose our skin to the sun, it develops  red rashes that can last forever and cost a lot to treat,” Singh said.

I Went Looking for a Man in Finance – The Cut (via Links I Would GChat you)
Tiktok-Trend-Gonzo-Journalismus in NYC.

On the one hand, Wall Street is deeply passé. On the other, it’s so passé it’s horseshoed around back to chic. And it’s undeniable that we’re in the midst of a Patrick Batemanaissance, not only aesthetically (the gold Piaget Polo, Waldorf salads, contrast collars) but also from a vibes perspective. And not to make this a whole thing, but as cities rapidly become unlivable both economically and environmentally, and the ostensible “liberal” party has the same thrilling platform and candidates it did 30 years ago, it’s genuinely hard to continue to have the energy to fight to survive outside the system and not say, “Fuck all of this, I’m getting a superyacht.”

“Pick me Boys” im Zeitalter von Taylor Swift – 54books
Noch so ein Meme-Thema, aber anders betrachtet.

Aber ist der “Pick me Boy” nun wirklich die diametrale Gegenfigur zum “Pick me Girl”? Ja und nein: Beide distanzieren sich von dem Stereotyp ihres Genders. Sie, indem sie den Feminismus verkennt, und er, indem er seine Phrasen mal als Schutzschild, mal als Aphrodisiakum nutzt. Aber in ihrem eigenen gesellschaftlichen Status und der Triebfeder hinter dem jeweiligen “Pick-Me”-Verhalten, unterscheiden sich die Bilder radikal. Schließlich versucht sie, in einem System zu bestehen (oder gar zu überleben), das nicht für sie gemacht wurde. Er dagegen versucht einfach nur weiter mit seinem männlich hegemonialen Verhalten durchzukommen, jetzt mit aufpoliertem Vokabular. Oder anders: Treffen sich das “Pick me Girl” und der “Pick me Boy”, sagt sie zu ihm: “You wouldn’t last an hour in the asylum where they raised me”.

Audio/Video

Die Grandauers und ihre Zeit – ARD Audiothek
Für jahrzehntealte Hörspiele begeistere ich mich ja schon seit einiger Zeit, diese Serie vom BR (1980) hebt das nochmal auf ein neues Level, weil sie nämlich ab 1893 spielt. Ich kann nicht einschätzen, wie historisch akkurat das gesprochene „Bauern-Bairisch“ tatsächlich ist, aber es fallen viele Ausdrücke, die ich eeewig nicht gehört und ganz sicher nicht im aktiven Sprachgebrauch habe. Werd ich bestimmt weiterhören!

Hörspielkult aus den 1980ern präsentiert von Christine Neubauer, die 1987 als Traudel Grandauer mit der TV-Serie „Löwengrube“ ihren schauspielerischen Durchbruch hatte: Die Jahre 1893 bis 1945, fünf Jahrzehnte bayerische und deutsche Geschichte: „Die Grandauers und ihre Zeit“ erzählt das Leben von Kriminaloberwachtmeister Ludwig Grandauer und dessen Sohn, dem Münchner Kriminalkommissar Benno. Drei Generationen einer Münchner Familie durchleben und durchleiden Träume, Hoffnungen und Kriege. In Staffel 1 der Familiensaga arbeitet Ludwig Grandauer als Dorfgendarm in der oberbayerischen Provinz, ermittelt später als Kriminaloberwachtmeister in der Residenzstadt München. Arbeit, Privatleben und Kriminalfälle sind geprägt vom Geist der Prinzregentenzeit und des Deutschen Kaiserreichs. Dass ein Weltkrieg bevorsteht, wollen viele selbst an dessen Vorabend nicht wahrhaben … Die Hörspielserie ist Vorlage für die TV-Kultserie „Löwengrube“, für die Willy Purucker mit dem Bayerischen Fernsehpreis (1991) und dem Adolf-Grimme-Preis in Gold (1992) ausgezeichnet wurde. Hinweis: Diese Hörspielproduktion enthält diskriminierende Formulierungen.

Monumental Diplomacy – 99 percent invisible
TIL: Nordkoreas Architekturbüro hat *viele* öffentliche Gebäude in Afrika geplant???

Jorja Smith – Come Over (feat. Popcaan)
Ohrwurm.

Sonst So

Climate Zones – The Pudding (Web Curios)
Wie sich die Klimazonen unserer Erde verschieben werden. Deprimierend. Und gut gemacht.

Backkatalog



Hi, ich bin Jana.
Seit 2009 veröffentliche ich hier wöchentlich Rezepte, Reiseberichte, Restaurantempfehlungen (meistens in Wien), Linktipps und alles, was ich sonst noch spannend finde. Ich arbeite als Podcastproduzentin und freie Kulinarikjournalistin. Lies mehr über mich und die Zuckerbäckerei auf der About-Seite.

Meine Sketchnotes:
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Porträtfoto: (c) Pamela Rußmann

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Zuckersüß

Im Zuckersüß sammle ich (fast) jeden Sonntag meine liebsten Links der Woche: Rezepte für die Nachback-Liste, lesenswerte Blogposts, Zeitungsartikel und Longreads, Podcasts oder Musik, die mir gerade gefällt und oft genug auch Internet-Weirdness. Außerdem schreibe ich auf, was ich sonst so interessant fand: neue Rezepte in meiner Küche, Lokale, in denen ich gegessen, Pullover, die ich gestrickt oder Texte, die ich geschrieben habe.