Diese Woche war ich zum ersten Mal in einem der berühmtesten Eissalons Wiens: Tichy am Reumannplatz. Der Laden ist sehr liebenswert altmodisch und hat eine erstaunliche Zusammensetzung von Kundschaft. Die Theke ist mit dunklem Holz vertäfelt, an den Glasbausteinen kleben transparente Früchte-Bilder und die Speisekarte ist voller Begriffe wie „Schiwago“ und „Frühlingssymphonie“. Außerdem gibts Plastikblumen und metallene Eiswaffelhalter auf jedem Tisch. Weil ich gegen Haselnüsse allergisch bin, konnte ich leider nicht die berühmten Eis-Marillenknödel essen und probierte deshalb einen Mohnknödel und einen Ribisel-Topfenknödel (oder ähnlich). Die schmeckten genauso altmodisch wie es im Eissalon aussieht, was vor allem am Schnaps darin liegt. Mein liebstes Eis wird das von Tichy deshalb nicht, aber das Lokal ist schon einen Besuch wert.
Am Dienstag habe ich mich mit einigen Podcaster_innen (u.a.Erklär mir die Welt, Jeanne’s Heldinnen, ballverliebt, Ganz offen Gesagt) im Café Sperlhof getroffen und über Podcastiges geredet. Tatsächlich habe ich es dann auch noch geschafft, die neunte Folge Lieblings-Plätzchen zu veröffentlichen: Im ImpactHub mit Annemarie Harant. Mal schauen, ob ich in Zukunft mit meinem neuen Veröffentlichungsrhythmus (immer am letzten des Monats) mithalten kann!
Bei Ö1 habe ich an meinem allerletzten Praktikumstag auch noch zwei Beiträge fertigbekommen. Bei help gibt es in den nächsten Wochen also eine Geschichte über Fake-Online-Shops und eine über Marmeladeneinkochen von mir (yay!). Mir fiel außerdem der ORF-Styleguide für die Texte auf der Webseite in die Hände. Den zu lesen fand ich sehr interessant, nur leider half er mir auch nicht recht, bessere Titel für meine Beiträge zu finden. Ich hätte nicht gedacht, dass ich in meinem Praktikum genau damit die meisten Probleme haben würde. Texte für help zu schreiben fiel mir nicht besonders schwer, auch bei den Manuskripten wusste ich nach dem zweiten, was ich zu tun hatte. Jahrelanges Bloggen half dafür sicher. Nur schreibe ich hier in der Zuckerbäckerei niemals irgendwelche Titel, die so klingen, dass möglichst viele Menschen draufklicken. Und Teaser zum Artikel gibts hier sicherlich auch nicht. Mit noch Übung wird das aber bestimmt besser und vielleicht laufe ich dann auch weniger Gefahr, den „seriösen“ Schreibstil in meine Sonntagsposts zu tragen.
Meine Mitbewohnerin ließ vor ein paar Tagen *strategisch* ein Buch am Esstisch liegen: The Bell Jar von Sylvia Plath. An einem Feierabend begann ich deshalb darin zu lesen und konnte nicht mehr aufhören. Der Roman wurde 1963 veröffentlicht und spielt noch ein paar Jahre früher, weshalb mich solche Passagen anfangs stark überraschten:
I tried to imagine what it would be like if Constantin were my husband. It would mean getting up at seven and cooking him eggs and bacon and toast and coffee and dawdling about in my nightgown and curlers after he‘d left for work to wash up the dirty plates and make the bed, and then when he came home after a lively, fascinating day he‘d expect a big dinner, and I‘d spend the evening washing up even more dirty plates till I fell into bed, utterly exhausted.
This seemed a dreary and wasted life for a girl with fifteen years of straight A‘s, but I knew that‘s what marriage was like, because cook and clean and wash was just what Buddy Willard‘s mother did from morning till night, and she was teh wife of a university professor and had been a private school teacher herself. (S.89)
Ich könnte noch tausend Reportagen und Blogeinträge über mentale Gesundheit lesen, aber so eindrücklich wie in einem Roman kann man dort wahrscheinlich niemals die Perspektive einer depressiven Person abbilden. Mein Vorhaben, mehr Bücher zu lesen, hat sich mit „The Bell Jar“ noch verstärkt. Beim Lesen der richtigen Romane „lerne“ ich mindestens so viel Neues (zugegeben vielleicht auf einer anderen Ebene), wie beim Lesen *im Internet* (mind blown, ich weiß). Deshalb: Mehr Bücher! Nachdem ich nun drei Wochen lang hin und her überlegt habe, ob ich wirklich 26€ dafür ausgeben soll, habe ich mir endlich Francesa Melandris „Alle, außer mir“ zugelegt. Und noch etwa vier Bücher aus der Bücherei ausgeliehen – ich bin für die kommenden Tage nämlich off-grid.
Wie ich mehr als eine Woche ohne Internet überstehe, zeigt sich mit dem nächsten Zuckersüß, hier folgen erstmal meine Lieblingslinks:
REZEPT
Indische Pakoras mit Minzsauce – Effilee
Bratlinge mit Kichererbsenmehl, noch nie probiert!
Buttermilk Ice Cream – Serious Eats
Ein Bravetart-Rezept, was will eins mehr.
TEXT
Rechtsextremismus: Endlich die Ängste ernst nehmen – SPIEGEL ONLINE
Margarete Stokowski über den wachsenden offenen Rassismus in unserer Gesellschaft:
Nun sind aber rechte Mobs oft leider wesentlich besser organisiert als „Chaoten“. Und das, was beschädigt wird, wenn Rechtsextreme zuschlagen, ist in erster Linie nicht das Image eines Bundeslandes, sondern es sind Menschen.
Es sind Menschen, die begründete Angst haben, wenn sie hören, dass wieder „Deutschland den Deutschen, Ausländer raus!“ skandiert wird, wenn sie im Fernsehen den Hitlergruß in Farbe sehen und auf ihrer inneren Landkarte wieder einen Bereich als No-go-Area markieren.
Haltungsturnen: Rechte und linke Demonstranten – Haltungsturnen (via @SimonHurtz)
Siehe auch: Overton-Fenster.
Menschen, die keine Nazis sind, demonstrieren dagegen, dass ein Nazimob durch die sächsische Kleinstadt rennt. Und die deutschen Medien heute so (und zwar bis in die von mir geschätzte liberale Zeit Online hinein): „Proteste rechter und linker Demonstranten“. Das ist ein Problem. Oder vielmehr: Das ist der Sieg (zumindest der kulturelle und der Diskurssieg) der Rechtsextremen in diesem Land.
Sascha Lobo zu den Krawallen in Chemnitz: Eine Zäsur findet nicht statt – SPIEGEL ONLINE
Das Gegenteil von rechtsextrem ist halt immer noch nicht unbedingt links, sondern nicht-rechtsextrem…
Die Silvesternacht 2015/2016 in Köln sei eine Zäsur gewesen, sagen viele, und ich hoffe sehr, dass der Augustabend in Chemnitz auch eine Zäsur sein könnte. Wahrscheinlich ist er das nicht. Denn das Naziproblem ist ein strukturelles, gesellschaftliches und führende Vertreter der Strukturen und der Gesellschaft bewiesen, dass ihnen so gar nicht nach Zäsur ist.
Overton-Fenster: Das wird man bald sagen dürfen – Süddeutsche.de
Eine Theorie, die die Diskursverschiebung nach rechts erklärt:
Die Overton-Window-Theorie kennt vier Faktorengruppen, die eine Verschiebung begünstigen: Fakten und Logik, moralische Appelle, emotionale Ansprache und Ereignisse, Fehler oder Desinformation. Wobei es – unter der Bedingung, dass man damit auch breitenwirksam gehört wird – besonders effektiv ist, wenn man als Politiker nicht kleckert, sondern klotzt. […] Oder man treibt die Flüchtlingsdebatte in Deutschland in zuvor undenkbare Bereiche, indem man den Schießbefehl an der Grenze fordert.
Arpana Berndt: #metwo im Literaturbetrieb (6) – Fixpoetry
Ich nehme mir vor, zukünftig bei jedem Text einer „ausländisch“ klingenden Person, über meine Vorurteile nachzudenken.
Das Problem ist allerdings weder fehlendes Wissen über mich und meine Biografie noch über von Schüler*innen in Sri Lanka genutzte Transportmittel. […] Ich sehe das Problem darin, dass es den Lesenden und Zuhörenden leichter fällt, mich als Woman of Color mit den Elefanten in einem exotischen Land, mit den Palmen, Kokosnüssen und Tamarindenbäumen ihrer Vorstellung zu verbinden als mit ihrem kritischen Denken. Diese Vorstellung ist so verfestigt, dass ich meine Erzählung bis ins Absurde überspitzen kann. Sie wird mir geglaubt, solange ich an Stereotype anknüpfe, die mit mir als Person verbunden werden.
Vegan leben: Verschärfte Wahrnehmung – ZEITmagazin (via Andreas Sator)
Ein langer Text, der mich wieder zum Nachdenken gebracht hat. Fleisch esse ich schon länger keines mehr, Milchprodukte dafür ziemlich häufig – aber wenn ich es mit dem Umweltschutz ernst meine, sollte ich auch da reduzieren. Aber ich werde mich sicher mehr gegen „Veganer_innen sind doch Verrückt“-Parolen stellen.
Es ist ein wenig so, als wenn jemand zum Christentum übertritt und dann von allen gefragt wird, ob er denn von Stund an auch ganz genauso lebt wie Jesus Christus. Die Logik dabei ist klar: Wer nicht ganz konsequent ist, der ist ein Heuchler. Wer ganz konsequent ist, der ist ein Fanatiker.
Brotbacken: Wie es ist, mit einem Sauerteig zusammenzuleben – ZEITmagazin
In meiner Wohnung starben schon mehrere davon.
Brotteig hingegen kann so widerspenstig sein, dass er beim Kneten mit jedem Handgriff mehr an der Arbeitsplatte kleben bleibt. Er kann aber auch so geschmeidig sein, dass er sich fast von selbst in eine runde Form bringen lässt. Und wenn er dann endlich perfekt in seinem Gärkorb liegt und auf das Backen wartet, sind wir beide erleichtert: Der Teig hat seine Ruhe und ich meine Vorfreude auf diesen unvergleichlichen Duft.
Trotz Arbeit keine Wohnung – fluter.de
München ist ja völlig verrückt.
In den Münchner Notunterkünften sind Menschen wie Sonia Nigris, die einen festen Job, aber ein relativ geringes Einkommen haben, längst keine Seltenheit mehr. […] Immer mehr Menschen, die vor zehn Jahren noch aus der Innenstadt in die Randlagen verdrängt wurden, können sich heute auch das Leben in der Vorstadt nicht mehr leisten. Entweder müssen sie raus aus München, oder sie gehen in die Wohnungslosigkeit.
Sie pflegen sich kaputt – jetzt.de
Mir ist völlig rätselhaft, wie man freiwillig unter den aktuellen Bedingungen eine Pflegeausbildung beginnen kann. Aber einige Auszubildende wehren sich schon dagegen:
Die Krankenhäuser wollen Personal einstellen, doch die Pflegeschüler haben nach der Ausbildung die Schnauze voll. Sie wurden überfordert, ausgebeutet und haben Patienten gefährdet, einfach dadurch, dass keiner da war, der ihnen hätte zeigen können, wie man es besser macht.
AUDIO/VIDEO
Bleezer’s Ice Cream – Nathalie Merchant
Ein Song über Eissorten, inklusive Sauerkraut! Gehört bei Pasticcio in Ö1.
FOTO
In der Wiener Innenstadt.
BACKKATALOG
2010: 100. Post-Cupcakes
2011: Brownies mit Pecantopping
2012: Kurzurlaub in den Bergen
2013: Apfel-Brombeer-Tarte
2014: Kirsch-Käsekuchen von A Spoonful of Photography
2015: Pfirsichtorte
2016: Marillenknödel
2017: Eine Reise in die USA, Pt. 2: KY