Zuckersüß 446

die neueste Schnitzerei von meinem Papa, bald auf gogos-kunstwerke.de

…mit wenig Gebackenem, einer Zitrusverkostung in Schönbrunn, – und wie immer, den besten Links der letzten Tage.

Seit dem letzten Zuckersüß habe ich mit Sesam-Eis herumexperimentiert (Vanille-Buttermilch-Grundmasse mit gerösteten hellen und schwarzen Sesamkörnern und Schwarzes-Tahini-Karamell-Stückchen, letzteres landete auch als Füllung in den Cookies mit schwarzem-Tahini-Karamell-Kern), Polenta Cornbread und zusammengeschustertes Käse-Snack-Gebäck gemacht.

Gegessen

Einen lose lateinamerikanisch inspirierten Bohneneintopf (mit roten, Kidney- und Käferbohnen, Suppengemüse, Chili, Koriandersaat und -Stängel, Zimt) mit in Essig eingelegten roten Zwiebeln, Avocado, Limette, Sauerrahm, Tortillachips und Polenta Cornbread. Kohlrabi à la meunière nach Ixta Belfrage, bzw. meiner entsprechenden Notiz aus Zuckersüß 401.

Zitrusverkostung bei den Wiener Zitrustagen in Schönbrunn

eine hübsche Buddha’s Hand

Letztes Jahr war ich zum ersten Mal bei den Zitrustagen in der Orangerie Schönbrunn (s. Zuckersüß 427) – und wunderte mich über den mangelnden Duft der Pflanzen und Früchte an den hübschen Bäumchen im alten Gewölbe. In diesem Jahr gab es ein Verkostungsprogramm, und dank Katharina Seisers Vortrag dort (8€ + 8€ Eintrittsgebühr), weiß ich jetzt, dass die meisten Zitruspflanzen nur auf Berührung zu duften beginnen. Eine Ausnahme ist zum Beispiel die Kaffir* Makrut-Limette, deren Blätter man zum Aromatisieren von Wasser benutzen kann.

*Das ist eine rassistische Beleidigung, nach der keine Pflanze benannt sein sollte, botanisch setzt sich langsam ihr thailändische Name Makrut durch.

Aber mal zurück zum Anfang (den des Vortrags habe ich zugverspätungsbedingt verpasst). Als erstes probierten wir eine dünne Scheibe Cedro di diamante, um mit dem Mythos aufzuräumen, dass das Weiße, auch Albedo genannt, ungenießbar bitter ist. In diesem Fall war es eher süß, kaum bitter und deshalb wird daraus auch Zitronat gemacht oder (roh!) Salat. Die Buddha’s Hand besteht ohnehin quasi nur aus Albedo, ich fand sie etwas bitterer und das ätherische Öl aus ihrer Schale prickelte schon fast ein bisschen auf meiner Zunge.

*Echte* Mandarinen seien heutzutage nicht mehr wirklich zu kriegen – bei denen im Supermarkt handelt es sich i.d.R. um Kreuzungen, die auf solche Aspekte wie „easy peeling“ gezüchtet werden, meinte Katharina Seiser. Sie hat aus der vergangenen Schönbrunner Mandarinenernte im Winter einen Sirup gekocht, damit wir auch im Mai in den Genuss des *echten* Mandarinengeschmacks kommen konnten. Mich erinnerte der fast an Honig!

Weiter gings mit Pomeranzen aka Bitterorangen, erst roh (bitteres Albedo, mit dem ätherischen Öl pricklig auf der Zunge und erstaunlich wenig saftig) und dann als Marmelade. Die war mit dem fruchteigenen Pektin geliert (das steckt in den Kernen und im Albedo, aber nur, wenn die Früchte noch nicht überreif sind). An den intensiven Bitterorangenblüten schnupperten wir auch noch.

Die folgende Volkamerzitrone (benannt nach einem Botaniker, der im 17. Jahrhundert berühmte Kupferstiche von Zitrusfrüchten angefertigt hat) beschrieb Katharina Seiser als „Eine Zitrone, die gern eine Orange geworden wäre“, sie war recht orange. Genauso die panachierte rosafleischige Zitrone, die auch als Tigerzitrone vermarktet werde.

Spannend war die Süße Zitrone, die überhaupt nicht sauer war und meine Begleitung an eine „fade Pomelo“ erinnerte. Die Meyer-Zitrone ist auch nicht sehr sauer, außerdem dünnschalig und ganz glatt-glänzend. Ihre Schale enthält Thymol, weshalb sie etwas kräutrig duftet. Ich habe 2018 zuletzt welche vearbeitet, nämlich zu einer Zitronen-Basilikum-Tarte. Die Verkostung ging mit Katharina Seisers Meyer-Salzzitronen von 2019 weiter, und dem Hinweis, dass sich die nordafrikanische Sorte Doqq besonders gut zum Einsalzen eignet – dem werde ich mal in Marokko hinterherrecherchieren.

Die neuseeländische Limonade gabs hauchdünn und getrocknet (vom Steirereck!) zu kosten, sie gehörte zu meinen Lieblingen. Das kann ich vom folgenden Rosenapfel, einer florentinischen Sorte aus dem 17. Jahrhundert, nicht behaupten. Die getrocknete Zitrusscheibe war sauer, SO bitter und auch noch krautig.

Bergamotten gabs nur zum Schnuppern, Katharina Seiser meinte, dass ihr Albedo so enorm bitter sei, dass es kaum essbar sei (der Saft sei aber super, z.B. für Ceviche). Earl Grey sollte eins deshalb nur mit Öl, nicht aber mit geriebenen Zesten beduften. Ein Blick in mein Archiv verrät, dass ich vor zwei Jahren Zucker mit Bergamottenzesten aromatisiert und Mürbteigkekse draus gebacken habe (Lavendel- und Bergamotten-Plätzerl) – an überbordende Bitterkeit erinnere ich mich dabei aber nicht?

Es folgte noch eine Limette, mit Zimt- und Nelkennoten, das schon erwähnte Makrutlimettenwasser und eine enorm wohlschmeckende, fast saftlose Kumquat. Kurz bevor die Ausstellung schloss, leistete ich mir noch ein Crêpe mit Schönbrunner Pomeranzenmarmelade (5€?!!), das schon sehr gut war. Super Sache, diese Zitrustage!

Veröffentlicht

Im Blog: Cookies mit schwarzem-Tahini-Karamell-Kern, Apfel-Weichsel-Streuselkuchen

Anderswo: nix, Feiertagswoche.

Hier folgen meine liebsten Links der letzten Tage:

Crispy Bacon & Banana Martabak Recipe – How to Make an Oven Martabak
Ein Dessert abseits von allem, das ich kenne. Ich sollte mich mal mehr mit (Süd-)Ostasiatischen Süßspeisen beschäftigen…

Kitchen Project #101: Mango Custard Tart – by Nicola Lamb
Diese Tarte schaut so hübsch aus! Und Nicola Lambs Rezeptentwicklungsprozess fasziniert mich jedes Mal.

Honey Chamomile Crêpe Cake – Joy the Baker
Die Milch im Teig mit Kamille aromatisieren und die Pfannkuchen dann mit Honig-Mascarpone stapeln, das hört sich super an.

Laugengebäck 2.0 – Plötzblog – Selbst gutes Brot backen
Brezen sind für immer mein liebstes Frühstück – irgendwann back ich mir selber welche!

Texte

The Trouble With Ferments as Medicine – MOLD :: Designing the Future of Food
Maya Hey forscht an der Uni Helsinki im Center for the social studies of microbes, und das klingt alles furchtbar interessant!

In other words, these helpful/harmful identities do not inhere to microbes so much as they are a convenient moniker that we assign to justify utilitarian desires of a human-first capitalism and to obscure the politics of using other critters. Nevertheless, microbial identities become fixed in the product-scape of modern markets. Look no further than the supplement section of a health-food store to see canisters of bacteria like Acidophilus, Bifidobacteria, or proprietary blends of Lactobacilli species. (Chuckle at the fact that a popular yogurt brand made by Dannon Co. attempted to name their flagship bacterial strain Bifidus regularis to evoke and manifest healthy bowel movements, only to be sued for deceptive messaging and misquoting science.) Stool tools maybe, but categorizing microbes along the good/bad binaries always implies how they are good for us and bad to us. All the same, microbes are commonly being mobilized to rectify the so-called imbalances of one’s body. Because at the end of the day, if one fails at the moral project of feeding oneself, there is always a microbe for that.

What We Learn From Old Recipes – The New York Times (im Web.Archive.org ohne Paywall, via Alicia Kennedy)
Ein für Internetverhältnisse alter Text (2015) über alte Rezepte:

I especially like the tacit admissions, often found in cookbooks of yesteryear, that not every meal will be extraordinary. In the preface to recipe No. 59 of his 1891 ‘‘Science in the Kitchen and the Art of Eating Well,’’ Pellegrino Artusi writes, ‘‘Among ordinary soups, this ranks with the best.’’ Being permitted a category of ‘‘ordinary’’ is a charity to any cook, especially today, when we feel obliged to apologize for anything plain. His previous recipe notes that its result ‘‘is good warm and it is even better cold.’’ Here, too, there is no end to the good that hint does, when what all cooks need each Wednesday night is cultural support for leftovers — as well as dishes that taste good that way.

Culture, Digested: Writers Strike and the Audience Lashes Back – The Culture We Deserve (via Austin Kleon)
Im US-amerikanischen TV-Autor_innen-Streik gehts um viel.

The age of the auteur is ending, and it is being replaced by  the age of corporate intellectual property. People talk about A24 Films,  rarely the directors/writers/cinematographers themselves. There are  obvious examples that can be used to contradict this, Zack Snyder on one  end and Wes Anderson on the other (they are basically the same), but  these are the exceptions that prove the rule. The way Anderson in  particular has been picked up by Instagram and TikTok influencers and people who are obsessed with AI generators  illustrates that what we think of as an auteur now is not a thinker,  obsessive, or an artist, it’s a stylist. Our artists are simply there to  create visual language like a doll house for the audience to play their  little games in.

Obdachlosigkeit und Aufbruch: Mein Leben auf der Straße – taz.de
Dieser persönliche Rückblick des ehemals obdachlosen Autors hat mich echt fertig gemacht.

Am Schlimmsten finde ich die Gewalt von Außenstehenden, die gegen uns  gerichtet ist: Menschen spucken uns an, beleidigen uns, treten, beklauen  und belästigen uns. Meistens grundlos. Manchmal bewerfen mich Menschen  mit Centstücken: „Hier du kleiner Drecksjunkie, kauf dir was Schönes“,  so etwas sagen sie. Aber auch untereinander werden wir handgreiflich. Viele soziale Normen kennen wir gar nicht. Außer Björn  vielleicht. Wir verteidigen unsere Schnorrplätze, um unsere Einkommensquellen zu schützen. Nach einer Schlägerei ist die Sache  geregelt, keiner ruft die Polizei. Mit denen zusammenzuarbeiten gilt als Verrat, meistens haben wir alle „etwas offen“ – das wäre ein Eigentor.  Außerdem wird wohl kaum eine Streife geschickt, wenn jemand die 110 wählt und sagt: „An meinem Stammplatz sitzt ein Fremder, und wenn er nicht geht, werde ich heute hungern und entzügig. Er ist aggressiv, und ich bräuchte daher dringend Hilfe. Wann sind Sie hier?“

Audio/Video

Bill Spoon Love Is On The Way Highland Records
Im Radio gehört, supercool gefunden.

Adaolisa – Fineboy FM4 Session
s.o.

The West Coast Pop Art Experimental Band – I Won’t Hurt You
Aus dem Soundtrack von Isle of Dogs.

Backkatalog



Hi, ich bin Jana.
Seit 2009 veröffentliche ich hier wöchentlich Rezepte, Reiseberichte, Restaurantempfehlungen (meistens in Wien), Linktipps und alles, was ich sonst noch spannend finde. Ich arbeite als Podcastproduzentin und freie Kulinarikjournalistin. Lies mehr über mich und die Zuckerbäckerei auf der About-Seite.

Meine Sketchnotes:
jasowieso.com

Creative Commons Lizenzvertrag
Porträtfoto: (c) Pamela Rußmann

IMPRESSUM

DATENSCHUTZERKLÄRUNG

Newsletter

Meine Lieblingslinksammlung Zuckersüß wöchentlich direkt in deinem Postfach!

Powered by Buttondown. Ohne Tracking!

Rechtliche Angelegenheiten

Impressum
Datenschutzerklärung
Creative Commons Lizenzvertrag
Alle Bilder und Texte der Zuckerbäckerei sind lizenziert unter einer Creative Commons Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 International Lizenz. Wenn du Fragen zur Verwendung meiner Inhalte hast, schreib mir einfach eine E-mail. Danke!

Kategorien

Tags

Archiv

Zuckersüß

Im Zuckersüß sammle ich (fast) jeden Sonntag meine liebsten Links der Woche: Rezepte für die Nachback-Liste, lesenswerte Blogposts, Zeitungsartikel und Longreads, Podcasts oder Musik, die mir gerade gefällt und oft genug auch Internet-Weirdness. Außerdem schreibe ich auf, was ich sonst so interessant fand: neue Rezepte in meiner Küche, Lokale, in denen ich gegessen, Pullover, die ich gestrickt oder Texte, die ich geschrieben habe.