Zuckersüß 279

In der vergangenen Woche stand meine erste Prüfung an der Uni Lorraine an. Erfahren habe ich davon satte vier Tage vorher, anders als in Wien stehen die Prüfungstermine nämlich nicht spätestens mit der ersten Einheit fest, sondern werden mehr oder weniger spontan bekannt gegeben. Am Dienstag Nachmittag versuchte ich mich also im Atelier d’écriture an einem Porträt und einem Tagebuch. Das vorgegebene Inspirationsbild brachte mich schnell auf eine Idee und ich schrieb meinen Brouillon auf extra dafür vorgesehenes buntes Papier – mit der unangenehmen Begleiterscheinung, Rechtschreibfehler nicht automatisch rot unterringelt zu bekommen und mit ein paar Tastenanschlägen ein Wort nachschlagen zu können. Dafür hatte ich mein kleines Taschen-Wörterbuch Französisch-Deutsch (in dem natürlich lange nicht alles drin stand was ich suchte, Stilmittel und Ausdrücke FTW) und ein einsprachiges Französischwörterbuch von meiner Nachbarin, was natürlich weitaus mehr Zeit in Anspruch nimmt. Beim Übertragen meines Entwurfs auf den offiziellen Prüfungsbogen kam ich dann am Ende sehr ins Schwitzen; vier Minuten nach offizieller Abgabefrist (der Folgekurs strömte schon ins Klassenzimmer) gab ich dann auch ohne letzten Lesedurchlauf ab. Ich hätte diese Prüfung sehr gerne auf Deutsch geschrieben, ich denke sie hätte mir bezüglich des Creative-Writing-Aspekts des Seminars weitaus mehr gebracht als so mit meinem holprigen Französisch.

Im Erasmus-Französisch-Kurs ein paar Stunden später behandelten wir dann das Passé Simple und erarbeiteten eine Übersicht der verschiedenen Tempora. Von den meisten Zeitstufen und deren angemessener Verwendung hatte ich in meiner sehr spärlich bemessenen Französisch-Schulbildung leider nie gehört, recht doof, das dann nach der Prüfung nachzuholen… Aber in other news, meine BA-Arbeit ist bewertet und ich habe eine 1 bekommen! Nach so guten Neuigkeiten kann mich die Bewertung meiner Französisch-Prüfung auch nicht mehr betrüben.

Apropos Bewertung: Nach sehr vielen Duolingo „Weekly Progress Reports“ mit genau null Punkten habe ich mich endlich wieder zum gameifizierten Italienischlernen aufraffen können. Ich habe außerdem in letzter Zeit ein paar Leute getroffen, die mit unterschiedlichen Sprachlernapps die Basics gleich mehrerer Sprachen gleichzeitig trainieren, was ich sehr cool finde. Zu der Gelegenheit erinnerte ich mich auch an dieses Video eines polyglotten (20 Sprachen!) Amerikaners, das ich vor ein paar Jahren schon einmal geteilt habe. Der Typ ist echt motiviert!

Am Freitag habe ich mich dann am ominösen #mealplanning versucht, was wirklich schwieriger ist als gedacht! Die eigenen Mahlzeiten und alle dafür benötigten Zutaten für eine Woche oder mehr vorzuplanen und zwar so, dass trotz Portionen für eine Person nichts schlecht wird ist ganz schön kompliziert. Mal sehen, wie weit mich mein gefühlt 10kg schwerer Einkauf bringt, ohne auf den völlig überteuerten Mini-Supermarkt mit größtenteils Fertiggerichtsauswahl zurückgreifen zu müssen. Mit meiner Kochsituation bin ich auch sonst noch nicht zufriedener als am Anfang, ein Backrohr fehlt mir sehr (keine Ofenkartoffeln, Flammkuchen, keine Cookies, Scones oder Cupcakes…).

Für irgendwann später gibts trotzdem Backrezepte unter meinen Lieblingslinks, aber auch viel Lesestoff:

REZEPT

Honey Cheddar Scones with Black Pepper – How Sweet Eats
Die zum Wochenendfrühstück!

No Bake Avocado-Matcha Tarte mit Kokosöl & Ahornsirup – Backbube
Ha, ein Kuchen ohne Backen! Aber eine Form bräuchte es trotzdem…

Cupcakes mit Cornflakesmilch – Moment in a Jelly Jar
Die Idee „Cornflakesmilch“ weiterzuverarbeiten ist sehr… interessant.

Vegetarische schottische Eier – Taameya bil bed
Ui, daraus ein Sandwich!

TEXT

The Good Room – Frank Chimero (via Christowski)
Dieser Text ist mir sehr lange durch den Kopf gegangen. Ich selbst behaupte oft genug, im Internet zu wohnen, doch die Konsequenzen dieser Metapher habe ich noch nie so genau durchdacht, wie es Frank Chimero hier tut:

I once heard that a library is one of the few remaining places that cares more about you than your wallet. It means that a person can be a person there: not a customer, not a user, not an economic agent, not a pair of eyes to monetize, but a citizen and community-member, a reader and a thinker, a mind and—God, I am going to say it—a soul.

YouTube, the Great Radicalizer – The New York Times
Zeynep Tufekci über die Abgründe des YouTube-Empfehlungsalgorithmus:

It seems as if you are never “hard core” enough for YouTube’s recommendation algorithm. It promotes, recommends and disseminates videos in a manner that appears to constantly up the stakes. Given its billion or so users, YouTube may be one of the most powerful radicalizing instruments of the 21st century.

Something is wrong on the internet – James Bridle – Medium (via Christowski)
Dieser Text zeigt mit Kindervideos als Beispiel auf, wie problematisch der YouTube-Algorithmus ist.

This video, BURIED ALIVE Outdoor Playground Finger Family Song Nursery Rhymes Animation Education Learning Video, contains all of the elements we’ve covered above, and takes them to another level. Familiar characters, nursery tropes, keyword salad, full automation, violence, and the very stuff of kids’ worst dreams. And of course there are vast, vast numbers of these videos. Channel after channel after channel of similar content, churned out at the rate of hundreds of new videos every week. Industrialised nightmare production.

The language of programming – Temochka
Programmiersprachen wären die Chance, die Beschränkungen der natürlichen Sprache zu umgehen, aber die Realität sieht anders aus.

Avoiding English translation altogether, she assigned each lexeme a meaning and encouraged us to memorize them. After a while, we’d look at the program above and interpret it as if it was written in emoji. […] I still often think about this approach to teaching programming and how it bypasses the natural language link altogether. It’s amazing how a series of simple commands meant to be self-descriptive to an English speaker presents a serious coding challenge for everyone else.

Cracking Instagram: wie das Captions-Game funktioniert – Groschenphilosophin
Seitdem ich nicht mehr nur ein Foto pro Blogpost auf Instagram teile (kaum hab ich keine Küche, wird mein Blog schon zum Travelblog…), weiß ich erst recht nicht mehr welche Captions ich schreiben soll. Meine Geschichten mag ich auf meinem Blog lassen, statt sie auf Social Media auszuspielen, deshalb hilft mir dieser Ansatz auch nicht unbedingt, aber vielleicht ja euch?

Das kann man jetzt natürlich total schrecklich finden (“Was für ein Posting-Druck!”) und für den Untergang des intellektuellen Abendlandes halten (“Was für ein Dreck!”). In den allermeisten Fällen wird sich dein Publikum allerdings nicht durch erklärbärige Fakten aus Wikipedia, 08/15 kopierten Zitaten (“A best friend is like a four-leaf clover: hard to find and lucky to have”) oder erst gar keinem Text angesprochen fühlen. Wer weiß, wie er anspruchs- und inhaltsvolle Captions schreibt – sei es im Feed oder in der Story – kann damit neben persönlichen natürlich auch globale gesellschaftliche Probleme oder Phänomene thematisieren. Instagram muss nicht zwingend unpolitisch sein.

Influencer in Uniform: Wenn die Exekutive viral geht – netzpolitik.org

Wenn einzelne Tweets tausendfach verbreitet werden, wird deutlich, dass die Beamten sich eine von Lokalzeitungen und Presseportalen unabhängige Plattform geschaffen haben. Mehr denn je beanspruchen die deutschen Polizeien, direkt auf die Öffentlichkeit einzuwirken und ihre Version der Wirklichkeit zu präsentieren. Sie schaffen mittels Twitter Mediensprünge: Tweets landen häufig ungeprüft in den Artikeln der Journalisten. Das ist eine problematische Gratwanderung, denn die Polizei wird auf Twitter damit selbst zum politischen Player. Und Twitter zu ihrem Machtverstärker.

An Trennung denken, wie unromantisch – Das Nuf Advanced
Über potenzielle (Alters-)Armut:

Nach wenigen Jahren Beruf – oft auch direkt nach dem Studium wurde geheiratet, ein Haus gebaut und dann blieb die Frau die nächsten Jahre zuhause. Die Entscheidung zu diesem Familienmodell wird natürlich aus freien Stücken gewählt. So wird mir das berichtet. Die Paare finden das gut: Der Mann übernimmt die finanzielle Verantwortung und die Frau die für die Kinder. Das passt für den Moment ganz gut und wenn ich nach der Zukunft frage, dann heißt es: Das Haus wird dann abbezahlt sein und eine Grundsicherung bieten und die Rente des Mannes geteilt. Alles gut also. „Wir haben ohnehin nicht vor uns zu trennen.“, höre ich dann auch oft.

Hartz IV: Die Würde des Menschen ist denunzierbar – ZEIT ONLINE
Über reelle Armut.

Die privaten Fernsehsender generieren einen Großteil ihres Programms mit dem Vorführen armer Menschen nebst ihren beschränkten Möglichkeiten. Je verwahrloster eine Wohnung oder das Beziehungsverhältnis eines Hartz-IV-Empfängers, desto länger, schärfer und näher wird draufgehalten. In der Werbepause werden dann Anzeigen für die Mittelschichtskäufer geschaltet. Nicht nur an dieser Stelle hat sich der Grundsatz, dass die Würde des Menschen unantastbar ist, millionenquotenfach erübrigt.

The dark side of Mongolia – Anne. Westwards. (via Krautreporter)
Diese Erlebnisse klingen ziemlich furchtbar.

You can survive for quite a while without food, You can survive without water for a much briefer period. I realized that I, personally, cannot survive a day without believing in the good of people. Having the opposite slapped inot my face over and over again was draining. Despite formidable phyiscal challenges, I found this to be the hardest part of crossing Mongolia. […] After all the verbal and physical assaults, I longed for human kindness as I did for a drip of water.

Building better men: how we can begin to redefine masculinity – The Guardian
Jacyln Friedman (vom Unscrewed-Podcast) über Schulprojekte gegen Sexismus, die auch gegen den aktuellen allgemeinen Backlash kämpfen.

American men […] elected the living embodiment of toxic masculinity as president. Trump has spent his life defining his manliness in opposition to the women he dominates and degrades. […] And when these men talk about making America great again, one of the things they’re yearning for is the re-establishment of “traditional” gender values in which men are dominant, women are subservient, and anyone who questions whether that’s really the natural order of things is punished.

Der Kurzgeschichtenautomat – Techniktagebuch
Bei meiner nächsten Zugreise schaue ich, ob ich auch so einen finde!

Der Automat ist nicht, wie in manchen Tweets behauptet eine “vending machine”, sondern spuckt die Geschichten gratis aus. Die Bedienung ist denkbar einfach: Man drückt einen Knopf, je nachdem ob man 1, 3 oder 5 Minuten Zeit zum Lesen hat. Aus dem Schlitz kommt ein langer Zettel mit einer Kurzgeschichte und unten einem kleinen Absatz und Werbung für die Seite, die die Kurzgeschichten veröffentlicht.

Währung als Waffe: In Afrika werden Wirtschaftsinteressen noch immer mit Francs durchgesetzt – Mosaik-Blog
Sehr schockierend, dass Frankreichs Kolonialeinfluss auf Afrika noch so stark ist!

Die CFA-Länder sind dazu verpflichtet, 85 Prozent ihrer Geldreserven beim französischen Schatzamt in Paris zu hinterlegen – wobei sie auch bei Geldknappheit keinen Zugriff haben. Zusätzlich ist der CFA-Franc fest an den Euro gebunden: 655,957 CFA-Franc entsprechen einem Euro. Mit dem CFA-Franc hat Frankreich also entscheidenden wirtschaftlichen und politischen Einfluss auf seine formell unabhängigen Kolonien.

Marokko-Reisetagebuch II: „Steffi hat Hassan geheiratet“ – derStandard
Steffi Sargnagel und ihre Freundinnen waren nochmal in Marokko:

Also ab ins Hamam. Nach der Anmeldung kam ich in eine Umkleidekabine. Dort zog ich mich aus, und man überreichte mir eine Einwegunterhose wie bei einer OP, hinten nur eine Schnur. Eine junge Frau klopfte an die Kabine und leitete mich an, ihr ins dunkelblau geflieste Hamam zu folgen. Sie war wunderschön, hatte weiche Gesichtszüge, ein offenes Lächeln, große Brüste, sagte „Sit down“ und begann meinen nackten, kefirfarbenen Körper sanft einzuölen. Dampfwasser tropfte von der Decke wie Speichel aus einem Maul. Platsch. Ich stellte mir ihre tägliche Arbeit im Touristinnenhamam vor: Menschen aus aller Welt einschmieren, anschütten, abbürsten. Fette Finninnen, dürre Deutsche, bärige Britinnen, die globale Bandbreite an Frauenkörpern walkte sie jeden Tag durch.

AUDIO/VIDEO

Dicht & ergreifend – Imma No
Diese Woche entdeckt: Niederbayerischer Rap. Mordscool!

SONST SO

Wool Week day 1: Crochet a clutch bag – Mollie Makes (via PapernStitch)
Schönes Täschchen!

How to Make Bagpipes Out of a Garbage Bag and Recorders – Instructables
Ein völlig absurdes, aber superlustiges Tutorial!

the essential paris travel guide & map – Local Milk Blog
Nicht dass ich Orte wegen ihrer Instagram-Tauglichkeit besuchen würde, aber vielleicht wird mir diese Empfehlungsliste ja noch nützlich.

‚Tiger and Turtle – Magic Mountain‘ – World Landscape Architect
Die Skulptur würde ich gerne mal anschauen – die Frage ist nur, ob ich jemals in Duisburg vorbeikomme…

#Frauentagfails
Ein ganzer tumblr mit furchtbaren Marketingaktionen.

Ambassadors Recommend the One Book to Read Before Visiting Their Country – CNTraveler
Nachdem ich mir ja vorgenommen habe, mehr in echten Büchern zu lesen, kommt mir diese Liste gerade recht. Ich glaube, ich fange bei Österreich an!

FOTO

Ein Regenbogen über Nancy! (Heute schneits aber schon wieder..)

BACKKATALOG

2010: Mandelschokoplätzerl
2011: Mascarpone-Marmor-Muffins
2012: Mandel-Schoko-Kuchen ohne Mehl
2013: Küken-Eierwärmer
2014: Bunte Krapfen
2015: Bananen-Schoko-Pancakes
2016: Tahini-Oreo-Eissandwiches
2017: Cantuccini mit Walnüssen



Hi, ich bin Jana.
Seit 2009 veröffentliche ich hier wöchentlich Rezepte, Reiseberichte, Restaurantempfehlungen (meistens in Wien), Linktipps und alles, was ich sonst noch spannend finde. Ich arbeite als Podcastproduzentin und freie Kulinarikjournalistin. Lies mehr über mich und die Zuckerbäckerei auf der About-Seite.

Meine Sketchnotes:
jasowieso.com

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Porträtfoto: (c) Pamela Rußmann

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Im Zuckersüß sammle ich (fast) jeden Sonntag meine liebsten Links der Woche: Rezepte für die Nachback-Liste, lesenswerte Blogposts, Zeitungsartikel und Longreads, Podcasts oder Musik, die mir gerade gefällt und oft genug auch Internet-Weirdness. Außerdem schreibe ich auf, was ich sonst so interessant fand: neue Rezepte in meiner Küche, Lokale, in denen ich gegessen, Pullover, die ich gestrickt oder Texte, die ich geschrieben habe.

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