Zuckersüß 276

Ferien! Oder auch nicht. Morgen beginnt eine Woche vorlesungsfrei, die ich vermutlich trotzdem mit ziemlich viel Unikram füllen werde. Im Korrekturdurchgang meiner BA-Arbeit bin ich zwar bereits ein motivierendes Stückchen weitergekommen, doch die Anmerkungen meiner Dozentin/Betreuerin spornen mich genug an, mich noch einmal gänzlich in meinen Text zu stürzen.

Hier in Nancy war ich in der vergangenen Woche zusätzlich zu meinen Info-Com-Veranstaltungen auch in einer aus „Sciences de Langage“ (aka Linguistik), nämlich Microsyntax. Es stellte sich heraus, dass dieser Kurs mehr Seminar denn Vorlesung war, es ging nämlich hauptsächlich um die praktische Anwendung von Lexikalisch-Funktionaler Grammatik (mit der ich an der Uni Wien praktisch noch keinen Kontakt hatte) mithilfe von XLFG. Allein wegen dieses Online-Tools hat es sich aber gelohnt, hinzugehen.

Meine *Lieblings*-Montagfrühmorgen-Vorlesung, diesmal zum Thema Cloud Computing regte mich noch mehr auf als an den zwei vorhergehenden Terminen. Von einer Univeranstaltung erwarte ich mehr als die ach-so-tollen Vorteile dieser brandneuen Technologie oberflächlich (aus einer Werbebroschüre eines französischen Anbieters, i kid you not!) auszubreiten und mit keinem Wort die Abhängigkeit von großen Konzernen oder so etwas wie Datenschutzbedenken zu erwähnen… (Ja, ich benutze auch Dropbox und gelegentlich GoogleDocs, weil ich es einfach sehr bequem finde.) Gut, dass ich diesmal mein Strickzeug mit hatte und meine verhinderte Produktivität und sich aufstauende Aggression immerhin in Socken übersetzen konnte. Apropos, mein Lieblingstweet der Woche:

Abgesehen davon fand ich die Uni überaus interessant: Ich bekam ein Bild von der französischen Printlandschaft (alle anderen langweilten sich sichtlich), las erstmals einen wissenschaftlichen Artikel auf Französisch (eine große Herausforderung – wäre er auf Deutsch oder Englisch geschrieben, hätte ich bestimmt nicht einmal halb so lang dafür gebraucht) und hörte ein bisschen Kontext zu Bourdieu und sozialem Kapital.

Bei Professor Captain America (ich hoffe, das klingt jetzt nicht respektlos – es ist einfach nur das beste Erkennungsmerkmal bei halbwegs gewahrter Anonymität) ging es um Storytelling und organisationelle Kommunikationsstrategien. Wieder einmal war ich sehr fasziniert von seiner Art, die Vorlesung zu gestalten: Anhand von Star Wars erklärte er Erzählschemata, zeigte uns einen Comic und ein Video zum Monomythos (schaut es euch an, wenn ihr französisch könnt, super interessant!) und ließ uns das Ganze dann auf den Start der Falcon Heavy von SpaceX anwenden (Außer mir schien in meinem direkten Sitznachbar_innen-Umfeld noch nie wer was von Elon Musk gehört zu haben, was mich ziemlich wunderte). Den im Vorhinein zu lesenden Artikel (auf Englisch, Yay!) arbeitete er mit McDonald’s als Beispiel auf, sodass wirklich jede_r etwas damit anfangen konnte.

Das Thema Geschichten-Erzählen ließ mich in der Folge nicht los: Im Atelier d’écriture galt es, erst das Tagebuch eines Gegenstands (ich schrieb über mein armes Smartphone, das psychisch und physisch sooo viel aushalten muss) und dann einer Person, die vor einem großen Ereignis steht, zu schreiben. Bei letzterem hatte ich großen Spaß, den Alltag einer Programmiererin in den letzten Tagen des Jahres 1999 festzuhalten, in loser Anlehnung an DamalsTM 48 zum Dotcom Wahnsinn und dem Y2k-Bug. Ich habe auch eine Podcastfolge gehört, die mich wegen der Erzählweise beeindruckte: The Feast zu Alexandre Dumas fesselte mich nur mit einer Erzählstimme und ein bisschen Musikbett darunter. Selbst auf Twitter wurden mir von @luca Gedanken (ein ganzer Thread) zum Schreiben in die Timeline gespült:

Dank einer Facebook-Erwähnung stolperte ich dann noch über die Webseite von Klaudia Zotzmann-Koch, die bei der letzten Privacy Week einen Talk gehalten hatte. Sie hat einen Podcast übers Schreiben, in den ich mich noch reinhören werde, und stellt „Morgenseiten“ zur Verfügung. Das Konzept, sich täglich ein paar Minuten Zeit zu nehmen und nach einem Impuls einfach draufloszuschreiben finde ich sehr reizvoll. Aber ich will hier mal nicht übermütig werden – wöchentlich so ausführliche Rückblicke ins Zuckersüß zu schreiben, zusätzlich zu meinen ganzen „Hausaufgaben“, reicht vorerst.

Im Kulturvermittlungsseminar wurde uns das zweite Semesterprojekt (bald ist die Hälfte der 12 Wochen Vorlesungszeit um!) vorgestellt. Wir werden einen Ausflug nach Strasbourg machen, wo wir eigenständig drei Museen/Kultureinrichtungen besuchen sollen, um ihren kommunizierten (Web, Flyer…) Auftritt mit dem Tatsächlichen zu vergleichen. Ich musste sofort an Ines Häufler und ihre Berichte aus dem Museum (Weltmuseum, Galerie Westlicht) denken, und daran, wie ich mich im Pariser Louvre letzten Sommer an etwas ähnlichem versucht habe. Ich freue mich schon sehr auf dieses Projekt, besonders wegen der Formvorschriften: „Alles, außer ein klassisches Uni-Dossier“.

Ansonsten habe ich in der vergangenen Woche angenehm abwechslungsreich (=nicht nur Brot mit irgendwas oder Nudeln mit Sauce) gegessen. Am Sonntag wurde ich wegen des Chinesischen Neuen Jahrs zu einem asiatischen Abend eingeladen und am Mittwoch war ich bei marokkanischen Bekannten (Speckia!!!). Ich nahm zudem noch sehr langes in-der-unsymphatischen-Küche-Stehen in Kauf, um superleckeren panierten Blumenkohl zu machen. Und wenn ich schon vom Frittieren rede (Shoutout an STDAU, die hoffentlich bald mehr von ihrer Musik online werfen!) kann ich auch gleich noch von einer erfreulichen Kühlregal-Entdeckung erzählen (*spaaaaaaannend*, ich weiß.). Ich habe nämlich tatsächlich einen Butterersatz gefunden, der mich genauso überzeugt hat wie die Veganen Schokocookies von neulich. Zuallererst schmeckt die Margarine von St. Hubert nämlich gut, enthält kein Palmöl und ist dafür bio, ohne unverhältnismäßig teuer zu sein (1,99€/250g entspricht wohl etwa dem aktuellen Butterpreis in Österreich). Bonus: Zutaten und Herstellung aus/in der Lorraine (sagt der Hersteller). Nachdem ich keinen Ofen habe, kann ich nichts zu den Backeigenschaften (nur halb so viel Fettgehalt wie Butter!) sagen und auch die Plastikschachtel-Verpackung mit Alufolie ist doof. Aber die wäre hier bei Butter blöderweise meistens auch nicht zu umgehen. Überhaupt, selbst Milch wird hier in PET-Flaschen verkauft?

Und bevor ich euch jetzt noch weiter mit Belanglosigkeiten langweile, weise ich noch kurz auf meine endlich veröffentlichte Podcastfolge LP007 An der Wiedner Hauptstraße mit Max Schnürer hin und gehe zu meinen Lieblingslinks der Woche über:

REZEPT

Zwiebel-Apfel-Chutney
Würde ich eine Party schmeißen, würde ich das Chutney hier zum Dippen von Salzstangerln etc machen.

Cocktail No. 13 – In die Küche fertig los
Ich kann mir nicht vorstellen, dass mir der Cocktail schmecken würde, aber die Zubereitung des Zigarrensirups finde ich spannend!

TEXT

Warum Österreich rechts tickt – Republik.ch
Einer der meistgeteilten Texte in meiner Timeline.

Seit dem 18. Dezember hat Österreich eine rechtspopulistische Regierung. Es hat ein Parlament ohne Grüne. Es hat einen Innenminister, der Flüchtlinge in Lager «konzentrieren» will, einen Verteidigungsminister, der in rechtsextremen Zeitschriften publizierte, und einen Bundeskanzler, der bei all dem nichts findet. Seine Grenze nach rechts stelle einzig und allein das Strafrecht dar, sagt Kurz.

I Live Alone in Austria – Hear Me
Sehr bedrückende Geschichte einer jungen Frau, die aus Syrien nach Wien geflohen ist.

There seems to be so little understanding between people who seek refuge and people who give it to them. There are, certainly, people who take advantage of others’ generosity, but that is always a minority, as in any society. We just need to try to understand each other more.

How the AK-47 and AR-15 Evolved Into Rifles of Choice for Mass Shootings – NYTimes
Warum sträuben sich die USA nur so, solche Waffen zu verbieten?

Instruction in the rifle had by then become a staple of irregular warfare training, including in curriculums at Palestinian camps. Its spread continued to such a grand degree that the Kremlin’s foes began procuring the weapons. American and Pakistani intelligence officers coached Islamic fighters on the particulars of Kalashnikov use in the war to expel Soviet forces from Afghanistan in the 1980s. Originally intended to strengthen authoritarian states, the Kalashnikov had gained outlaw credibility, morphing to a symbol of revolt, blowback, crime and jihad.

Inside North Korea’s Hacker Army – Bloomberg (via Das Filter)
Was?!

he was a foot soldier in North Korea’s hacker army. Unlike their counterparts elsewhere, who might seek to expose security vulnerabilities, steal corporate and state secrets, or simply sow chaos, North Korean hackers have a singular purpose: to earn money for the country, currently squeezed by harsh international sanctions for its rogue nuclear program.

Musikstreaming: Mahlers Adagio? Eine Hitsingle! – ZEIT
Wenn ich klassische Musik höre, dann im Radio. So bleiben mir auch diese Probleme erspart:

Um eine Aufnahme zu identifizieren, braucht es den Namen des Komponisten, den Namen des Werks (manchmal mit einer Werknummer und dem Kompositionsjahr), Nummer und Vortragsbezeichnung des Satzes, die aufführenden Solistinnen oder Sänger, das Orchester oder die teilnehmenden Ensembles, den Dirigenten oder die Dirigentin und idealerweise noch das Aufnahmejahr, denn nicht selten wird dasselbe Werk von denselben Interpreten mehrmals eingespielt. Bei Streaminganbietern entsteht nun das Problem, dass all diese Informationen womöglich vorhanden, aber sinnlos verstreut sind auf die Felder, die für Pop gedacht waren: Interpret, Songtitel, Album.

Where the Cocktail Party Came From – Atlas Obscura
Cocktailparties waren mal eine Sonntagsangelegenheit!

Casual events centered around the home grew popular, providing opportunities for men and women to socialize and enjoy a mixed drink or two. Hostesses weren’t obligated to provide full meals for guests, only drinks and light nibbles such as sandwiches and salads. As the 1901 Etiquette for All Occasions recommended, “Aerated waters, punch, wine-cup, and lemonade are thought sufficient. The time of the reception being from three until six or from four until seven o’clock, a heavy meal would be out of place.”

The Female Quran Experts Fighting Radical Islam in Morocco – The Atlantic
Von dieser Ausbildung in Rabat hatte ich noch nie gehört.

The morchidat program leverages a woman’s familial and social influence to combat radical Islam at the level of the sidewalks—and at individual mosques. “We’ve found over the years that if we have women organize something at the mosque, 450 people show up. If the men are put in charge, they’re lucky if 25 guys make the effort,” El-Azaar said.

Ahnenforschung: DNA-Esoterik zum Sonderpreis – SPIEGEL ONLINE
Margarete Stokowski:

Die Idee von „Rassenreinheit“ kann man aufgeben, indem man in ein nahezu beliebiges Geschichtsbuch guckt, anstatt für nicht wenig Geld in ein Röhrchen zu spucken, und seine Gen-Daten bei einer Firma in Amerika zu lassen. Es hat überhaupt keinen seriösen informativen Mehrwert, zu wissen, dass irgendwelche Vorfahren irgendwann von irgendwo herkamen. Man weiß dann immer noch nichts darüber, wie diese Leute drauf waren. Es kann sein, dass man von einer Dynastie von Apothekern oder Axtmörderinnen abstammt, aber was würde das bedeuten?

Antilopen, die Löwen fressen. In elf einfachen Lektionen zum Terror-Opfer – Der Zaunfink
Wenn der Text nur Übertreibung wäre, lebten wir in einer besseren Welt…

Verinnerlichen Sie abschließend noch einmal die erste Lektion: Es heißt nicht: „Wir alle zusammen“, sondern „DIE oder WIR!“ Nur linksgrünversiffte Gutmenschenspinner glauben wirklich, man könne eine Diskriminierung abschaffen, ohne gleichzeitig eine Gegendiskriminierung einzuführen. Der gesunde Menschenverstand weiß: Mit den Privilegierten und den Marginalisierten funktioniert das wie im Tierreich: fressen oder gefressen werden. Lassen Sie sich von den Homos und Genderfreaks nichts anderes einreden: Wenn die Löwen die Antilopen nicht fräßen, dann fräßen die Antilopen die Löwen.

Wandersandalen ftw! – BrustBeinePo (via Fair Fetzt)
Ninia La Grande über ihre Lieblingsschuhe:

Dieser Punkt, an dem man beschließt, dass der Look jetzt mal egal ist und Gemütlichkeit oder Sicherheit vorgeht. Das ist mit dem Fahrradhelm so, mit Unterwäsche und bei mir vor allem: Schuhen. Vor zwei Jahren waren Wandersandalen sogar ganz kurz mal hip, weil irgendein*e Designer*in die Models mit eben diesen auf den Laufsteg schickt. Der Trend hielt aber nur kurz – Gott seid Dank! So bleiben mehr Sandalen für mich.

AUDIO/VIDEO

Der Herr Karl 
Helmut Qualtingers Figur von 1961 hinterließ mich sprachlos.

Cinéma : la recette du héros parfait – Le Monde
Das im Fließtext schon erwähnte Video zum Erzählschema des Monomythos.

The 5 aspects of /r/place
Internetmagie.

Asmâa Hamzaoui – Moussaoui 
Eine weibliche Gnawa-Musikerin!

SONST SO

Get Bad News (via @saschroeder)
Ein Fake-News-Browsergame, das ich bestimmten Personen aus meinem (Ex-)FB-Freundeskreis gerne spielen lassen würde.

Erster Weltkrieg: Die verschwundenen Dörfer von Verdun – ZEIT ONLINE
Ich hoffe, ich schaffe es, einen Ausflug nach Verdun zu machen.

ZEI°
Ein supercooles (mir viel zu teures) Zeit-Tracking-Device.

FOTO

Schon wieder Graffiti in Uni-Nähe.

BACKKATALOG

2010: Orangenschokospritzgebäck
2011: Vanille-Butter-Kekse
2012: Himbeer-Kokos-Muffins
2013: Mini-Schokoguglhupfs
2014: Hafer-Erdnusskekse mit Schokoüberzug und Granatapfelsalz
2015: Mohnknödel mit Aprikosenfüllung und Vanillesauce
2016: Eine Reise nach Brüssel, Namur und Nancy
2017: Mousse au Chocolat



Hi, ich bin Jana.
Seit 2009 veröffentliche ich hier wöchentlich Rezepte, Reiseberichte, Restaurantempfehlungen (meistens in Wien), Linktipps und alles, was ich sonst noch spannend finde. Ich arbeite als Podcastproduzentin und freie Kulinarikjournalistin. Lies mehr über mich und die Zuckerbäckerei auf der About-Seite.

Meine Sketchnotes:
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Im Zuckersüß sammle ich (fast) jeden Sonntag meine liebsten Links der Woche: Rezepte für die Nachback-Liste, lesenswerte Blogposts, Zeitungsartikel und Longreads, Podcasts oder Musik, die mir gerade gefällt und oft genug auch Internet-Weirdness. Außerdem schreibe ich auf, was ich sonst so interessant fand: neue Rezepte in meiner Küche, Lokale, in denen ich gegessen, Pullover, die ich gestrickt oder Texte, die ich geschrieben habe.

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