Zuckersüß 306

In dieser Woche bin ich mit dem Nachtzug nach Italien gefahren. Zwar nicht *so* spontan, wie das vielleicht klingt, aber bin ich immer wieder erstaunt, wie einfach und schnell man in Europa herumkommen kann. Wobei schnell auch relativ ist – der Nightjet brauchte etwas mehr als 14 Stunden von Hauptstadt zu Hauptstadt.

In Rom hatte ich knapp drei Stunden Aufenthalt, bevor es mit dem nächsten Zug weiterging. Ich hatte die Stadt noch nie vorher besucht und spazierte deshalb einfach ein bisschen herum.

Nach meinem Stadtrundgang fuhr ich weiter nach Campobasso, der Hauptstadt von Molise. Ihrem Ruf als nicht-existierende Stadt (das Bielefeld Italiens?) wird sie schon irgendwie gerecht, denn es gibt kaum Zugverbindungen dorthin. Eigentlich ist das Städtchen aber ganz schön, mit einer Burg und einer Kirche auf dem Berg, viel Graffiti und viel Pizza. Jedenfalls aß ich vier Tage lang täglich eine. Und außerdem Eis und Taralli und Burrata (<3).

Im Supermarkt stolperte ich nach 25 Regalmetern Pasta über cicoria tagliata, das neben Spinat, Mangold und Salat in der Auslage präsentiert wurde. Das Grünzeug sieht ein bisschen aus wie Löwenzahn und schmeckt auch ähnlich bitter. Die namentliche und geschmackliche Ähnlichkeit zu Chicorée kommt auch nicht von irgendwo, dank Wikipedia weiß ich jetzt um deren Verwandtheit und auch den deutschen Namen: Gemeine Wegwarte. Klingt weitaus weniger lecker, wenn ihr mich fragt.

Jedenfalls gab es die cicoria tagliata mit etwas Mangold, Knoblauch, Chili, Zwiebeln und Kapern zu Spaghetti. Am nächsten Tag mit etwas Sojasauce angebraten schmeckte das übrigens noch besser.

Eine Nachspeise brauchte es dann natürlich auch noch, am besten eine Proviant-taugliche für die Heimfahrt. Als absolutes Gegenprogramm zum gerade erst entdeckten Grünzeug entschied ich mich für altbekannte bayerische Hirschknöpf. Beim Teigkneten und -probieren fiel mir auf, wie anders italienische Butter (zumindest die, die ich gekauft hatte) schmeckt. Sie ist viel heller als handelsübliche in Österreich/Bayern und schmeckt ein bisschen nach saurer Milch – in etwa wie Hersheys Milk Chocolate, die ich letzten Sommer in Kentucky probiert habe. In Marokko hielt ich mich ja ausschließlich an Import-Butter, weil der Fettgehalt der handelsüblichen lokalen zu wünschen übrig ließ. Dieses Problem kam mit der italienischen Butter glücklicherweise nicht auf – die Hirschknöpf wurden wie erwartet richtig lecker.

Ich versuchte mich auch an ein bisschen Konversation auf Italienisch, was meistens kläglich scheiterte. Ich kann recht gut sagen, wer ich bin, woher ich komme und was ich im Leben so mache. Meistens verstehe ich sogar halbwegs gut, was mir erzählt wird, wenn es langsam vorgetragen wird und ich aus dem Kontext schöpfen kann, aber an meiner Sprachkompetenz muss ich eindeutig noch feilen (Duolingo, ich komme!).

Auf dem Rückweg geriet mein Nightjet leider in eine dreistündige Verspätung, sodass ich völlig ausgehungert, etwas genervt, aber immerhin gut ausgeschlafen (Nachtzüge sind nicht immer Garant für Schlafentzug!) mittags in Wien aufschlug. Bevor der Tag aus war blieb mir auch noch genug Zeit für eine neue Lieblingslinksammlung:

REZEPT

Fave e cicoria – Rachel eats
Auf der Suche nach der Zubereitung von cicoria entdeckt:

Cicoria is bitter. Like spinach that’s lost a lawsuit. It’s also tangy, slightly metallic, wild and grassy tasting. The vegetable equivalent of a frolic in a field with a handsome heavy metal drummer who forages and writes poetry in his spare time.

black and white donuts + behind the scenes of a blog post! — molly yeh
Das Hinter-den-Kulissen ist interessanter als das Rezept. Mit so einem Produktionsaufwand kann ich nicht mithalten.

Gebeizte Eidotter – Finespitz.at
In diesem Blog könnte ich praktisch jedes Rezept bookmarken.

TEXT

Why we fell for clean eating – The Guardian
Eine Abrechnung mit dem Ernährungs-„Trend“.

Clean eating – whether it is called that or not – is perhaps best seen as a dysfunctional response to a still more dysfunctional food supply: a dream of purity in a toxic world. To walk into a modern western supermarket is to be assailed by aisle upon aisle of salty, oily snacks and sugary cereals, of “bread” that has been neither proved nor fermented, of cheap, sweetened drinks and meat from animals kept in inhumane conditions.

Sechs angebliche Klimasünden, die du trotzdem bedenkenlos begehen kannst – Motherboard
Niemand glaubt mir, dass Abspülen weniger umweltfreundlich ist als der Gerschirrspüler!

Häufig ist es eine gute Idee, die Arbeit von Hand zu erledigen und ganz auf energiehungrige Geräte zu verzichten – Wäschetrockner sind hier ein gutes Beispiel. Bei der Spülmaschine ist es aber anders. Für eine Studie der Universität Bonn haben die Forscher 200 europäische Haushalte beim Spülen beobachtet und den Energieverbrauch gemessen. Das Ergebnis: Die Spülmaschine ist effizienter und verbraucht 28 Prozent weniger Energie, jedenfalls wenn man sie richtig benutzt. Das heißt: Teller nicht vorher von Hand abspülen, kein Vorspülprogramm wählen, die Spülmaschine immer voll beladen und das Abflusssieb regelmäßig reinigen.

‚London Bridge is down‘: the secret plan for the days after the Queen’s death – The Guardian
Ein etwas älterer Longread, der jederzeit relevant werden könnte.

Coping with the way these events fall is the next great challenge of the House of Windsor, the last European royal family to practise coronations and to persist – with the complicity of a willing public – in the magic of the whole enterprise. That is why the planning for the Queen’s death and its ceremonial aftermath is so extensive. Succession is part of the job. It is an opportunity for order to be affirmed. Queen Victoria had written down the contents of her coffin by 1875. The Queen Mother’s funeral was rehearsed for 22 years. Louis Mountbatten, the last Viceroy of India, prepared a winter and a summer menu for his funeral lunch. London Bridge is the Queen’s exit plan.

AUDIO/VIDEO

Mia Ned! – Künstler mit Herz
Ein bairischer Song gegen die AfD (erinnert mich an Jennifer Rostocks ‚Wähl die AfD‘)

Lieblings-Sammlugn 22: Design – Lieblings-Plätzchen
Drüben im Podcastblog habe ich  Folgenempfehlungen zusammengetragen.

Bezahl-Apps: Die Geldbörse im Smartphone – Ö1-help
Mein letzter im Praktikum gestalteter Beitrag für Ö1. Hier gibts den Artikel dazu.

SONST SO

Todesopfer rechter Gewalt: 169 Schicksale – ZEIT ONLINE
An die Berichterstattung zu Andreas Pietrzak kann ich mich erinnern. Sehr bestürzend.

FOTO

Blick über Rom.

BACKKATALOG

2010: Bloomin‘ Brilliant Brownies
2011: Graham Crackers
2012: Shoot the Food!
2013: Zwetschgenfleck
2014: Schokopudding
2015: Marokkolieblinge: Essen
2016: Eine Reise nach Venedig
2017: Eine Reise in die USA, Pt. 2: KY



Hi, ich bin Jana.
Seit 2009 veröffentliche ich hier wöchentlich Rezepte, Reiseberichte, Restaurantempfehlungen (meistens in Wien), Linktipps und alles, was ich sonst noch spannend finde. Ich arbeite als Podcastproduzentin und freie Kulinarikjournalistin. Lies mehr über mich und die Zuckerbäckerei auf der About-Seite.

Meine Sketchnotes:
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Porträtfoto: (c) Pamela Rußmann

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Im Zuckersüß sammle ich (fast) jeden Sonntag meine liebsten Links der Woche: Rezepte für die Nachback-Liste, lesenswerte Blogposts, Zeitungsartikel und Longreads, Podcasts oder Musik, die mir gerade gefällt und oft genug auch Internet-Weirdness. Außerdem schreibe ich auf, was ich sonst so interessant fand: neue Rezepte in meiner Küche, Lokale, in denen ich gegessen, Pullover, die ich gestrickt oder Texte, die ich geschrieben habe.

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