Zuckersüß 331

Das Ostersonntagszuckersüß ließ ich mangels Tipp-Gerät (auf dem Smartphone bloggen ist mir viel zu anstrengend) einfach ausfallen, aber wofür sind denn Ferien da…

Aus der Karwoche muss ich aber trotzdem noch ein paar Sachen erwähnen, weil sie so cool waren: Ich war in der Grotta da Concetta in Campobasso essen und habe mich durch die molisanische Küche probiert: Als Primi Pancotto di fagioli (weiße Bohnen mit Brot, ähnlich denen, die ich im Herbst im Miseria e Nobilità gegessen habe) und Chitarra spigatelli e frutta secca (hausgemachte Nudeln mit Brokkoli und Trockenfrüchten). Als Secondi supergute hausgemachte Salsiccia mit Puntarella (fenchelgewürzte Schweinswurst und löwenzahnähnliches bitteres Grünzeug) und Palotte cacio e uovo (eine Art Knödel aus Weißbrot und Pecorino in Tomatensauce). Ich verstand von der Karte fast gar nichts, denn für spezialisierte Zutaten reicht mein rudimentäres Italienisch wirklich nicht aus (und ohne Netzempfang auch kein Wörterbuch im Smartphone!).

Umso spannender fand ich es, alles zu erschmecken und später nachzugoogeln, was das auf meinem Teller eigentlich war. Von der Nachspeise, Pastiera di grano, hatte mir ein italienischer Bekannter schon erzählt, ich freute mich sehr, sie so auch probieren zu können. Es handelt sich dabei um eine traditionelle neapolitanische Ostertarte aus Mürbteig, gefüllt mit Ricotta, kandierten Orangenstückchen und gequollenen Weizenkörnern. Mit zwei Vierterln Wein kam dieses ganze Menü auf gerade einmal 37€ – ein wirkliches Schnäppchen bei so guten Zutaten (das Restaurant ist schon jahrelang slow-food-prämiert).

Mein ehemaliges Vegetarierinnentum warf ich dann mit selbstgekochten (Leber-)Salsiccia-Bällchen aus der Wursterei eines Bekannten völlig über den Haufen. In Bologna, wo ich noch ein paar Freund_innen traf, probierte ich Tortellini (mit Fleischfüllung…) in Brodo und reichlich Prosciutto und Mortadella zu Tigelle von Mamma (nicht meiner, obvs). Dieses Hefegebäck mit großzügig Schmalz ist in der Emilia-Romagna beheimatet und wird in einer klappbaren Metallform direkt auf der Gasflamme gebacken – so ähnlich wie Batbot. Dazu gibt es meistens squacquerone, einen Frischkäse, der fast so cremig wie Mascarpone ist, aber ziemlich sauer/bitter schmeckt.

Dann war ich für ein paar Tage in Ljubiljana, was ich sogar schon verbloggt habe und nach Ostern endlich wieder in Wien, das inzwischen sommerlich (26°C im April?!) geworden war. Zum Sommer gehört mein liebster Lieblingscocktail Gin Basil Smash auch dazu, den ich diesmal mit einem Basilikumsirup nach dem Mixology-Magazin gemixt habe. Frischer Basilikum wird dafür erst blanchiert, dann in Eiswasser abgeschreckt und schließlich mit simplem Zuckersirup püriert. Nach dem Abseihen bleibt das Chlorophyll in der Flüssigkeit und übrig bleibt ein giftig grüner, sehr intensiv schmeckender Basilikumsirup.

Zum Schluss noch ein Radiohinweis: Für Moment Kulinarium von Ö1 habe ich letzte Woche einen Beitrag über Rhabarber gestaltet – nachhören ist noch bis kommenden Freitag möglich (außer ihr ladet ihn euch im Podcast herunter!).

Nach dieser unendlichen Geschichte folgen jetzt meine liebsten Links der Woche:

Rezepte

Bienenstich aus der Springform – german bee sting cake | Zucker, Zimt und Liebe
Ich habe noch nie Bienenstich gebacken!

Sellou Marocain – Culinaire Amoula
Ramadan naht und damit allerlei Süßigkeitenrezepte.

Chebakia Marocaine – Culinaire Amoula
Oder auch: Speckia <3! (Ich werde versuchen, einen marokkanischen Bäcker in Wien zu finden, mein letzter Versuch, Speckia zu backen ging nicht besonders gut).

Texte

Eine AfD-Wahlwerbung und ihre notgeile Geschichte – Schantall und Scharia
Der heutige Blick der AfD auf „Arabien“ ist genauso verzerrt wie das der Orientalisten im 19. Jahrhundert. Und diese Erzählung hält sich nachhaltig – ich war völlig überrascht, als ich in einer Vorlesung von der erfolgreichen Industrialisierung und Exportorientierung des ottomanischen Ägyptens hörte (s. a. Wikipedia).

Gérômes Bilder vermittelten das Bild eines Orient, „der ohne Veränderung ist, eine Welt von zeitlosen Bräuchen und Ritualen, unberührt von historischen Prozessen (…), wie sie in drastischer Weise westliche Gesellschaften veränderten.“
Ein Bild, das nicht falscher sein kann: Zu der Zeit, als Gérôme Ägypten besuchte, befuhren die ersten Dampfschiffe den gerade eröffneten Suezkanal. Auf den Straßen Kairos drängten sich nicht Sklavenhändler und Schlangenbeschwörer, sondern Autos, Busse und europäische Touristen. Ägypter verbrachten ihre Zeit nicht in Harems, sondern in Baumwollmanufakturen und Stahlwerken.

What ISIS Did to My Village – The Atlantic
Ein Atlantic-Redakteur erzählt von den Übrigbleibseln des Kriegs in Syrien.

Nevertheless, the past five years have transformed the area and created a new reality—of societal and economic collapse, a power vacuum, and radicalization—that nobody has a plan to address. I worry that the people of my village, ripped apart by war, might eventually become amenable to an extremist ideology they were previously strong enough to reject. The contrast is stark between the simple world I lived in as a young man and the complicated one that my father left behind only a few months ago. The contrast might be starker still in the coming years.

Instagram: Die Sache mit der Avocado – ZEIT ONLINE (via Buddenbohm & Söhne)
Über die Korrelation von Instagramfotos mit #avocado und deren deutlich gesteigerten Absatz. Und ich finde überhaupt nicht, dass gepostete Foodfoots unsinnig sind – wie sonst kann eins so einfach neue Zutaten, Zubereitungs- und Anrichtemöglichkeiten oder Restaurants kennenlernen?

Der Wissenschaftshistoriker John Tresch bezeichnete im vergangenen Jahr in einem hübsch betitelten Vortrag(„So Many Pictures of Food„) im Berliner Haus der Kulturen der Welt die Verbreitung von Nahrungsmittelbildern auf Instagram als „Metakonsum“: Menschen fotografieren mit ihren Smartphones vor ihnen stehende Gerichte, unmittelbar bevor sie diese verzehren, und lassen durchs Posten der Fotos ihre Freunde und durchs Verhashtaggen noch völlig Fremde an ihrem bevorstehenden Essvorgang teilhaben. Das ist sowohl aus Sicht der Bilderproduzenten wie Bilderkonsumenten ein schwer nachvollziehbarer bis total unsinniger Vorgang. 

Can You Enjoy Exercise and Not Be A Jerk About It? – SLUTEVER
Ich habe beim Lesen fast Lust bekommen, selbst um den Block zu joggen. Fast.

I don’t think that you should have to exercise in order to enjoy nature or to appreciate living in a beautiful place. Exercise also takes a lot of time, afforded to me by grad school and a flexible schedule. And though part of why I started jogging instead of taking up yoga or a fitness class was because of money, it certainly isn’t costless. Jogging, in theory, is free if you run outside. But there are still a lot of costs associated with running, some of which are reasonable (a good pair of running shoes) and some are not (coordinating leggings and sports bras). And while my interest in getting physically fit stemmed from being told I wasn’t fit at all, I still haven’t been able to separate my desire to be thin from my desire to have a better lung capacity. I like the endorphins, sure. But I also like the compliments.

Bin ich ein Mann? Und wenn ja, warum? – JOCHEN KÖNIG
Interessante Überlegungen.

Vielleicht bin ich ein Mann aufgrund fehlender Alternativen. Manchmal ist es vielleicht auch eine taktische Entscheidung. Wenn ich in Situationen die Identität „Mann“ akzeptiere, hat das auf jeden Fall teilweise ganz konkrete und unmittelbare Vorteile. In anderen Situationen bin ich viel lieber „Mama“ oder zumindest irgendwas anderes als „Mann“. Auch wenn mich diese Fragen in meinem Kopf manchmal tatsächlich ganz schön verunsichern, so finde ich es auch sehr spannend, darüber nachzudenken, mich darüber auszutauschen und andere Perspektiven darauf zu hören und zu lesen.

Wie können Männer Feministen sein? – Kolumne – SPIEGEL ONLINE
Margarete Stokowski hat eine Liste geschrieben.

Bedanken Sie sich bei Feministinnen für ihre Arbeit. Männern, die an veralteten Geschlechterrollen festhalten, drohen mehr psychische Probleme, hat eine Studie 2016 gezeigt. Toxische Männlichkeit ist heilbar. Schützen Sie sich! Dankeschön!

A Ljubljana travel blog: things to do, see and eat | PACK THE SUITCASES
Schön geschriebenes Travelblog, gleich abonniert.

Sonst So

The Anglo-Saxon Monk – Monk’s Modern Medieval Cuisine (via Soulzeppelin)
Ein Foodblog mit authentischen Mittelalter-Rezepten!

Foto

Häuserzeile in Rom.

Backkatalog:



Hi, ich bin Jana.
Seit 2009 veröffentliche ich hier wöchentlich Rezepte, Reiseberichte, Restaurantempfehlungen (meistens in Wien), Linktipps und alles, was ich sonst noch spannend finde. Ich arbeite als Podcastproduzentin und freie Kulinarikjournalistin. Lies mehr über mich und die Zuckerbäckerei auf der About-Seite.

Meine Sketchnotes:
jasowieso.com

Creative Commons Lizenzvertrag
Porträtfoto: (c) Pamela Rußmann

IMPRESSUM

DATENSCHUTZERKLÄRUNG

Newsletter

Meine Lieblingslinksammlung Zuckersüß wöchentlich direkt in deinem Postfach!

Powered by Buttondown. Ohne Tracking!

Rechtliche Angelegenheiten

Impressum
Datenschutzerklärung
Creative Commons Lizenzvertrag
Alle Bilder und Texte der Zuckerbäckerei sind lizenziert unter einer Creative Commons Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 International Lizenz. Wenn du Fragen zur Verwendung meiner Inhalte hast, schreib mir einfach eine E-mail. Danke!

Kategorien

Tags

Archiv

Zuckersüß

Im Zuckersüß sammle ich (fast) jeden Sonntag meine liebsten Links der Woche: Rezepte für die Nachback-Liste, lesenswerte Blogposts, Zeitungsartikel und Longreads, Podcasts oder Musik, die mir gerade gefällt und oft genug auch Internet-Weirdness. Außerdem schreibe ich auf, was ich sonst so interessant fand: neue Rezepte in meiner Küche, Lokale, in denen ich gegessen, Pullover, die ich gestrickt oder Texte, die ich geschrieben habe.

Schreibe einen Kommentar

1 Comments