Zur Palme, Marktplatz 6, 3364 Neuhofen an der Ybbs
Ins Gasthaus zur Palme wollte ich schon mehr als ein Jahr lang gehen, hatte sogar schon zweimal reserviert, und musste dann doch (krankheitsbedingt, was für deppertes Timing immer) jeweils absagen. Am Karfreitag hat es dann endlich geklappt, und ich bin gemeinsam mit meiner üblichen Begleitung nach Neuhofen an der Ybbs gefahren. In meiner Auto-fahr-ich-sicher-nicht-Haltung (s. a. Regionalbus+Waldspaziergang Anfang 2022, um zum Mühltalhof in Neufelden zu kommen) nahmen wir den letzten Regionalbus von Amstetten aus bis zur Endstation, den wir die ganze Fahrt über für uns allein hatten. Und eine szenische Tour durchs Mostviertel bekamen wir auch noch, haha.
Nachdem wir uns über die sehr hohe Gasthausdichte im Ort gewundert hatten, fanden wir das Richtige, und nahmen im fine-dining-Bereich Platz (es scheint auch noch einen „normalen“ Wirtshausteil zu geben).
Zum Ankommen ein Wermut Sour (6€) für mich und für mein fotobombendes Gegenüber Jahrgangspils, dem ich wie jedem Bier recht indifferent gegenüber stand. Wir entschieden uns gegen das Vier-Gänge-Menü (76€) und bestellten trotzdem vier Gänge, à la carte. Vorher noch: hausgemachtes Brot aus Weizengermteig mit rescher Kruste und ein bissl Malz, das die dunkle Farbe bei gleichzeitig sehr mildem Geschmack erklärt. In der Butter war ein bissl Cashewmiso drin, ich musste gleich an meine Cashewmiso-Cookies von 2021 denken.
Meine Vorspeise war intensiv-bitter mit gebratenem Radicchio Tardivo auf Bärlauchcreme zu kühlem, milden cremigen Schafsfrischkäse, und hauchdünnen Radieserlscheiben mit Petersilöl (13,50€). Die meiner Begleitung mochte ich sehr: Saiblingsceviche mit Schalotten im Apfel-Calamansi-Sud, Misomayo, Sesam und Rapsölmarinierten Radieserln (16,50€).
Weiter mit Bärlauchcremesuppe mit gebratenen Scheiben einer flaumigen Grieß-Topfen-Roulade, die wiederum mit Bärulauchpüree gefüllt war (8€). Winziger Minuspunkt: war eher auf der salzigen Seite. Dazu im Glas: Sauvignon Blanc Südsteiermark DAC 2021 von Jürgen Trummer.
Mein Hauptgang (28€) hat mich schwer begeistert, und das obwohl mir Safran oftmals leicht zu viel wird: Gebratener Steinbutt auf Kartoffelrisotto, das heißt drei Millimeter klein gewürfelten festkochenden Erdäpfeln mit dadurch sehr speziellem Mundgefühl, in sahnigem Safranschaum. Oben drauf gabs süß-knackigen blanchierten und gebratenen Spargel, was eine Spezialabwandlung für mich Karottenallergikerin war. Dieser Teller bleibt mir fix im Gedächtnis!
Mir gegenüber: gerösteter Sellerie auf einer kräutergrünen Roquefortcreme und wolkigem Ricotta, dazu Brunnenkresse und geriebener Schafskäse (19€). Ich traute mich den Sellerie nicht kosten (Allergie, naja), aber alles rundherum überzeugte mich davon, dass dieses Restaurant seine vegetarischen Hauptgänge genauso ernst nimmt wie alles andere, das gefiel mir.
Bei den Desserts dann leider dieselbe Situation, aufgrund von Haselnüssen überall nahm ich keinen Löffel des Desserts meiner Begleitung (13€). Es bestand aus einem Brandteigringerl, gefüllt mit Pralinémousse und Orangenfilets, daneben Haselnusseis auf karamellisierter weißer Schokolade (und schon wieder musste ich an ein Rezept in meinem Blog denken: Schokokekse mit karamellisierter Weißer Schokolade von 2020).
Meine Nachspeise wurde dafür auch klar zu meinem liebsten Gericht des Abends: gepuffter Wildreis (mithilfe von Glucosesirup zusammengepickt und zur Röhre geformt), gefüllt mit Schafsjoghurtmousse, dazu gedünsteter Rhaberber in Orangensaft und ein Sauerhonig-Lavendel-Eis (13€). Diese Geschmackskombination tranken wir dann auch noch in Form des „Palmenjuice“ (7€) als letzten Absacker: Sauerhonig und Lavendel vertragen sich toll mit Limette und Gin! Zum Schluss kam noch Küchenchefin Theresia Palmetzhofer (jetzt versteh ich auch den Namen des Hauses!) vorbei und beantwortete sämtliche Nerdfragen zu Brot (für meine Begleitung) und Desserts (für mich). Vor der Selbstständigkeit hat sie bei Konstantin Fillippou in Wien gekocht, wo ich auch endlich mal essen gehen will.
Der Ausflug nach Neuhofen/Ybbs hat sich ganz klar gelohnt. Die recht kleine Karte des Gasthaus zur Palme ist vielseitig und voller spannender Elemente, das gilt auch für die Getränke, von denen wir nicht wenige hatten. Im elegant-wirtshausigen Ambiente (mit dunkelgrünem Samt bespannte Bänke, Tulpenvase am Tisch, rotbraunes Holz, Sandsteinboden, weiße Kasettendecke und leicht unzusammenhängende Playlist) habe ich mich sehr wohlgefühlt, was natürlich auch sehr stark dem (außerordentlich jungen – U20, würd ich schätzen?) zu verdanken ist. Und es war echt preiswert, der ganze Abend (je vier Gänge und vier Getränke und das Gedeck) kostete nur rund 85€ pro Nase.