Zuckersüß 475

Sonnwendfeuer

…mit wenig Gebackenem, zwei Lokalen (Café Stein, Hongkong Grillhaus), dem neuen MOLD-Magazin, zwei Büchern (Kochen im falschen Jahrhundert, SIFT) – und wie immer, den besten Links der letzten Wochen.

Seit dem letzten Zuckersüß habe ich Kaiserschmarrn, Brioche-Knöpfe mit Walnüssen und Kardamom und Hafer-Cookies mit Erdbeeren und rotem Pfeffer (bald im Blog!) gebacken.

Gegessen

In der Glut gegarte Melanzani mit Knoblauch-Orangensaft-Glasur, dazu Tfaya, Reis und Gurkensalat. Viele Himbeeren direkt vom Strauch und Kirschen direkt vom Baum. Mit Ei, Frühlingszwiebeln und Karotten gepimpte Instantramen. Arancini (die ich laut meinem sizilianischen Mitbewohner wegen zu großer Entfernung zum Original nicht so nennen darf) aus übrigem Erbsen-Krause-Glucke-Risotto.

Einen Salat mit Ziegenkäse im Café Stein, das sehr hübsche neue Speisekarten hat, die vollmundig Zutaten auflistete, die dann aber teilweise in homöopathischen Dosen lieferte (zwei 2mm-Scheiben Fenchel, eine halbe getoastete Brotscheibe, drei Trauben). Sehr currypulverlastige Shanghai-Style Nudeln und Melanzani mit fein geschnittenem Schweinefleisch in malziger Sojasauce im Hongkong Grillhaus (1060). Mit vier Gemüsefrühlingsrollen war das ein Menü um 23,90€, ich konnte tatsächlich dreimal davon essen.

Gelesen

Die Hälfte der allerletzten Printausgabe des MOLD-Magazins, die mich relativ überraschend erreicht hat (die letzte Ausgabe ist mehr als ein Jahr her). Wobei, erreicht ist übertrieben, ich musste zur Post, meinen Ausweis zeigen und 8,15€ Zollgebühren blechen, (Brexit ftw)… Jedenfalls find ich das Magazin spannend wie je, denn es ist thematisch und stilistisch sehr breit aufgestellt. Es geht um Choreografie genauso wie um black infrastructures. Alicia Kennedy hat einen Essay über conditional consumption als Alternative zu striktem Vegetarismus/Veganismus beigesteuert, David Zilber eine Partitur über Bohnen und Eleni Michael/Johnny Drain (die ich vor zwei Jahren beim PopChop-Festival kennengelernt habe) über Alternativprodukte von Kalbsköpfen (statt Schildkröten) bis Pilz-Fermenten statt Rindfleisch. In letzterem Artikel ist das Kunstprojekt The Six-Winged Chicken and Other Fabled Animals of the Food Industry von Anne Kamps erwähnt, das einen interessanten Gedankengang eröffnet.

Die ersten paar Kapitel von Theresa Präauers Kochen im falschen Jahrhundert, das beim Lesen fast wehtat durch die beiläufig erwähnten Auswirkungen des Patriarchats bzw. der Selbstverständlichkeit, mit der Frauen über „Alltagskleinigkeiten“ zu ihrem Schaden, hinwegschauen (müssen). Erinnert mich ein bisschen an Elfriede Jelinkeks Die Liebhaberinnen.

Die ersten paar Seiten von Nicola Lambs SIFT, das genauso großartig ist wie ihr Newsletterprojekt Kitchen Projects. Ein Backbuch, das ich mit Sicherheit von vorne bis hinten lesen werde.

Veröffentlicht

Im Blog: Orangen-Granita

Anderswo: Folge #18 Schönheit fotografieren – mit Jaqueline Scheiber und #19 Dopamin-Polka – mit Beatrice Frasl von Jeannes Varieté, dem Podcast meiner Chefin Jeanne Drach, den ich mitkonzipiert habe und laufend mitproduziere. In Folge 19 empfiehlt meine Kollegin den Pixar-Film „Inside Out“, den ich daraufhin sogleich geschaut habe und super fand!

Hier folgen meine liebsten Links der vergangenen Woche:

Rezepte

Creamy Corn Pasta With Basil – NYT Cooking
Sommernudeln.

Cherries Jubilee Recipe – Serious Eats
Eine Einsatzmöglichkeit der paar Kilo Kirschen im Gefrierfach…

How to Fat-Wash Cocktails, Plus Techniques for Better Texture | PUNCH
Ich hab noch nie Milchpulver in einen Cocktail geworfen!

Texte

‘The Bear’ Season 3 Is a Cultural Phenomenon – The New York Times
Bin Fan dieser Serie.

None of these chefs landed with the sweaty force of Carmy, trying and failing to cook at the highest level without causing any damage. The profoundly unglamorous, relentless kitchen work in the show was widely complimented as “realistic,” as something that might even deepen our understanding of restaurants.

How A.I. Imitates Restaurant Reviews – The New York Times
User-generated online-Reviews sind doomed.

I have a few quibbles. I would never pronounce any food a revelation, or describe heat as a kiss. I don’t believe in magic, and rarely call anything perfect without using “nearly” or some other hedge. But these  lazy descriptors are so common in food writing that I imagine many readers barely notice them. I’m unusually attuned to them because  whenever I commit a cliché in my copy, I get boxed on the ears by my  editor. He  wouldn’t be fooled by the counterfeit Pete. Neither would I. But as  much as it pains me to admit, I’d guess that many people would say it’s a four-star fake.

Return of the Mic How chat podcasts have taken over the medium and dominated the cultural discourse (again). – Vulture.com (via Simon Owens)
Laberpodcasts / big business:

The significance of these shows isn’t necessarily tied to audience size, though many are among the biggest podcasts in the world. Rather, their prominence lies in their ability to seize your attention by producing newsworthy moments or booking noteworthy guests — as well as the way they influence opinions in their respective communities.

Grief Guides – n+1
Meg Bernhards Texte lese ich so gerne.

The death positivity movement was once niche, but it became  especially visible during the pandemic, when many people saw firsthand  that there are many ways to have a bad death—and thought perhaps it  would be worth trying to provide for a good one. They use terms like  YODO (You Only Die Once) and organize public Death Cafes to talk with  strangers about dying over tea and cookies. To death doulas, dying  doesn’t mean you have to submit passively to death. It can be creative,  almost like art. They tend to dispense similar knowledge and wisdom,  arguing that America’s culture of “fighting” death, which is bound up in  the way we talk about illness and extending life expectancies, makes us  more susceptible to suffering “bad deaths”—deaths that take place in  hospitals, away from our families, with forced feeding tubes or without  painkillers. Deaths that happen alone.
But there are so many other  kinds of bad deaths—the violent, the sudden, the shocking. What, I  wondered, could a death doula do for these?

„Karl May war ein Influencer seiner Zeit“ – fluter
Das wusste ich nicht:

Gerade in seiner Recherche war May sehr genau. Seine Ressentiments gegenüber verschiedenen Personengruppen können auch als Konsequenz seines Quellenstudiums begriffen werden. Was ihn nicht von seiner Verantwortung entbindet. Allerdings kannte er die Orte, von denen er schrieb, nur aus Quellen. An den meisten ist er nie gewesen. Wenn wir ihn sprechen hören, etwa von den deutschen Siedlern in Amerika oder von den Armeniern oder Jesiden, dann hören wir auch das deutsche Kaiserreich sprechen, dessen Spuren wiederum bis in unsere Zeit reichen.
Mazlum Nergiz: Er hat sich wirklich stapelweise Bücher, wissenschaftliche Aufsätze, Enzyklopädien, Landkarten nach Radebeul, wo er wohnte, schicken lassen und sehr genau ethnografische Bücher studiert und sie teilweise wortgenau in seine Romane eingebunden. Er hat sich zumindest im „Orientzyklus“ nicht die Mühe gemacht, die historischen Ereignisse zu fiktionalisieren, zum Beispiel den Teil über die Unterdrückung der jesidischen Kurden.

Audio/Video

Seerauch (1/3): Politthriller mit Regierungsverschwörung (WDR)
Ein zeitgenössisches Krimihörspiel, das mich sehr in den Bann gezogen hat.

Sie nennen sich „PSI-Kader“ – Privacy, Security, Intelligence – und sehen sich als eine Mischung aus Wikileaks, Chaos Computer Club und Bürgerrechtsbewegung. Doch als die Fünf ein Video online stellen, ahnen sie nicht, was sie auslösen.

Cryptos – Climate-Fiction-Podcast nach Ursula Poznanski (bremen zwei)
Auch Binge-gehört, wobei mir die klangliche Ästhetik dieses Sechsteilers irgendwie zuwider war.

Wohin gehen, wenn die Erde zerstört ist? Wie sieht das Leben aus, nachdem das Klima gekippt ist: Die Menschen verbringen ihre Zeit nur noch in virtuellen Welten. Jana ist Weltendesignerin. An ihrer Designstation entstehen diese alternativen Realitäten, die sich so echt anfühlen wie das reale Leben. Doch plötzlich verschwinden dort Leute und tauchen nie wieder auf. Jana ist gezwungen zu handeln, denn sie merkt, dass nicht nur die Menschen in den virtuellen Welten sterben, sondern auch in der Realwelt.

Vom Erdboden (1/4): Verschwundener Bruder unter Neonazi-Verdacht (WDR)
Gut gemachte Hörspielserie mit wirklich jungen (17!) Protagonist:innen, die auch ziemlich jung klangen (aber ich bin nun auch schon zu weit weg von dieser Altersgruppe, um die Authentizität ihrer Sprache bewerten zu können). Spätestens ab Folge drei war mir die Geschichte aber ein bisschen zu konzeptuell-didaktisch. Und props an den/die Sounddesigner:in, einfach ein chinesisches Nancy-Sinatra-Cover von Betty Chung als unauffällige Hintergrundmusik einzubauen!

Nach einer Party verschwindet der 19-jährige Laurin spurlos. Seine jüngere Schwester Lara (17) ist verzweifelt: Laurin geht nicht an sein Handy, ist in allen Apps offline und lässt sich nirgendwo blicken. Die Spur führt in die Neonazi-Szene. Was ist mit Laurin passiert?

Die Anschlags – Russlands Spione unter uns · Podcast in der ARD Audiothek
Ziemlich unglaubliche Spionage-Story, die sich vom Burgenland über die Pfalz, nach Wien bis Holland zieht. Neben den eh-klar-Interviewpartner:innen (Nachbar:innen, beteiligte Nebenfiguren etc) auch ein paar großartige nicht-ganz-naheliegende Stimmen, z.B. von einem Amateur-Funk-Nerd, der Zahlennachrichten (aus Russland) auf Kassetten aufnimmt und mit dem Klavier nachspielt, was nebenbei ein tolles wiederkehrendes Sound-Element macht.

Dies ist die Geschichte von scheinbar gewöhnlichen Nachbarn. In Wahrheit aber sind sie russische Spione – sogenannte Illegale, die unter falschem Namen unter uns leben. Ein Team von WDR und NDR hat das Doppelleben des Spionageehepaars Heidrun und Andreas Anschlag recherchiert. Für diesen Podcast fahren die Reporter quer durch Deutschland, sprechen mit Ex-Illegalen und finden in den Niederlanden die Top-Quelle der Spione. Es geht um Täuschung und Verrat. Und um die Frage, ob Russland auch heute noch Spione platziert.

Arbeitswelt im Wandel – In Arbeit – DLF
Interessant gemachtes Doku-Hörspiel, das eine Callcenter-Mitarbeiterin in Bulgarien mit einer DDR-Industriebrache verwebt, erzählt von einer nicht-deutsch-Erstsprachlerin!

Getränk der Götter: Eine Kulturgeschichte des Weines -DLF
Dieses eeeewig lange (152 Minuten!) Radioformat gefällt mir! Was ich gelernt habe: Karl Marx kam wegen einer Weinkrise dazu, sich über Wirtschaft Gedanken zu machen! Im Antiken Rom wurde Wein mit Blei gesüßt, wovon natürlich alle bleibende Schäden davontrugen!

Das Fußballtrikot: wie Clubs zu Streetwear-Marken werden – ICONIC – Modegeschichte mit Aminata Belli | BR Podcast
Wie viele Figuren diese Folge einführt, um die Geschichte zu erzählen, verdreht einem vielleicht schon mal kurz den Kopf. Ein Rapper auf dem Glastonbury, sein Fan mit einem Trikot von Thiago Silva, eine Journalistin, die das beobachtet hat?? Naja, Fußballcontent für nicht-Fußballfans wie mich ..?

Freaking out about songwriting with Nile Rodgers — Switched On Pop
Der Typ klingt ziemlich sympathisch!

There is no contemporary pop music without Nile Rodgers. Born in 1952, Rodgers grew up playing classical music on flute and clarinet before picking up jazz guitar. And at age 20, alongside bass player Bernard Edwards, Rodgers formed the band Chic. They wrote the biggest disco hits of the 70s, like: “Dance Dance Dance,” “Everybody Dance,” “Le Freak,“ and „Good TImes,“ which formed the core of Sugarhill Gang’s “Rapper’s Delight”.
In his music career spanning six decades, Rodgers has produced and played on some of the biggest pop songs in history, for artists like Sister Sledge, Diana Ross, David Bowie, Madonna, Daft Punk, and Beyoncé. He is also the chair of the Songwriters Hall of Fame, so with the Songwriters Hall of Fame ceremony taking place this June, we invited him onto Switched on Pop to talk about the making of a great song.

Hit Parade: I Wanna Rock with Q. Edition Part 1 | Slate Culture Gabfest | WNYC
Ich bin weiterhin begeistert, wie Chris Molanphy es schafft, ein so zahlenlastig-eintöniges Thema wie „Music chart history“ immer wieder bunt und lebendig zu erzählen. Außerdem hätte ich gerne eine Playlist aller erwähnten Songs…

The Making of the Dior Autumn-Winter 2023-2024 Haute Couture Show – YouTube
Ich bin endlos fasziniert davon, wie viel handwerkliche Expertise und fitzelige Detailarbeit in eine Couture-Kollektion fließt.

How Emma Chamberlain’s Gothy Met Look Was Made, From Sketch to Dress | Vogue – YouTube
S.a.

Sonst So

Tide_Loop_Top – Other Loops_ – ravelry
Dieses subtile, organische Streifenmuster find ich sehr hübsch. Aber ich glaube, ich bin zu faul, ein tabellarisches Strickmuster nachzuarbeiten.

Frostbite by Nicola Twilley
Nicola Twilley, die meinen Lieblings-Food-Podcast Gastropod cohostet, höre ich wahnsinnig gern beim nerden über food science zu. Deshalb steht ihr neues Buch über die Geschichte der Lebensmittelkühlung jetzt auf meiner Leseliste!

Backkatalog



Hi, ich bin Jana.
Seit 2009 veröffentliche ich hier wöchentlich Rezepte, Reiseberichte, Restaurantempfehlungen (meistens in Wien), Linktipps und alles, was ich sonst noch spannend finde. Ich arbeite als Podcastproduzentin und freie Kulinarikjournalistin. Lies mehr über mich und die Zuckerbäckerei auf der About-Seite.

Meine Sketchnotes:
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Im Zuckersüß sammle ich (fast) jeden Sonntag meine liebsten Links der Woche: Rezepte für die Nachback-Liste, lesenswerte Blogposts, Zeitungsartikel und Longreads, Podcasts oder Musik, die mir gerade gefällt und oft genug auch Internet-Weirdness. Außerdem schreibe ich auf, was ich sonst so interessant fand: neue Rezepte in meiner Küche, Lokale, in denen ich gegessen, Pullover, die ich gestrickt oder Texte, die ich geschrieben habe.