Bootshaus im Seehotel Das Traunsee

Bootshaus

Restaurant Bootshaus im Seehotel Das Traunsee, Klosterplatz 4, 4801 Traunkirchen

Als mich zwei Freund_innen aus München vor ein paar Monaten fragten, ob wir uns nicht mal auf halbem Weg – und damit war das Salzkammergut, also genauer das Restaurant Bootshaus im Seehotel Das Traunsee gemeint – treffen wollen, sagte ich natürlich sofort ja.

Zwar wusste ich nicht genau, worauf ich mich da einlassen würde, denn wie so oft gibt es kein (Beispiel-)Menü auf der Webseite, aber alles, was ich mit dem Lokal assoziierte, klang vielversprechend: viel Fisch aus den Seen rundherum, Lukas Nagl als vielprämierter Küchenchef, der einerseits mit LUVI nebenbei spannende Fermente produziert (ich hab das LUVI-Cashewmiso schon mal zu Cookies verbacken), und andererseits gemeinsam mit Katharina Seiser ein Kochbuch geschrieben hat (aus dem mein Go-To-Rezept für Grießschmarren stammt).

Leider waren wir zu spät – die Münchner_innen wegen Freitagnachmittagsstau, wir wegen Problemen auf der Weststrecke – und kamen noch dazu im nebeligen Regengrau in Traunkirchen an. Ein Panoramablick blieb uns deshalb verwehrt. Vom eleganten Gastraum aus (helles Holz, beige Stoffe, Sessel in dem Farbton, in dem ich mir das Seewasser an einem Sommertag vorstellen würde) war das Regenwetter über dem Traunsee gleich schon viel besser zu ertragen, erst recht mit Aperitif im Glas. In meinem: Sauvignon Blanc Ehrenhausen (2021) von Gross aus der Südsteiermark. In der alkoholfreien Begleitung: Sparkling Tea Bla, sehr sprudelig und mit deutlicher Jasminnote.

Zum Auftakt bekamen wir eine quasi unüberschaubare Vielfalt an komponentenreichen Kleinigkeiten, ich tat mich schwer mit Mitschreiben. Mein Favorit war das super erfrischende Gurken-Kren-Eis mit Forellenkaviar, Kopfsalatcreme und Buttermilchschaum – das ich nicht fotografiert habe?!? Außerdem: Hechtkrapfen mit Senfgurkenrelish, rosa Beeren, Flusskrebsmayo und Brunnenkresse. Die geeiste Eierspeis war sehr spannend in der Konsistenz, dicht-cremig mit Kürbiskernöl (glaub ich?), salzig-knuspriger Barsch-Bottarga, Kaviar vom Stör und Vogelmiere.

Das Cornetto aus knusprigen Hippenteig mit Karpfen, Karfiolcreme, Habanero und Krenschaum mochte ich sehr. Auch großartig: „Erdäpfel Nigiri“ mit confierten Kartoffelraspeln statt Reis mit Saibling.

Ährenbarsch gabs im Bierteig mit Matchaapulver und Ponzusauce. Zum warmen, „alpinen Fladenbrot“ das mit Sauermilch gelockert und mit Kleesamen versetzt war, wurde Barsch-Rogencreme mit Frühlingskräutermayo serviert. Darauf waren in Shio-Koji eingemachte Radieserl (schmeckten kaum mehr radieserl-ig?) und Schwarzkümmel, und nebendran „Dirndl-Oliven“, die quasi Kornellkirschen-Umeboshi in Olivenöl waren. Extrem sauer, ich mochte sie sehr.

Nachdem uns die Zutaten auf einem Wagerl angerichtet präsentiert wurden – in geschriebener Form gabs das Menü erst mit der Rechnung – gings dann mit den eigentlichen sechs Gängen los.

„Seeforelle“

Für die Vorspeise war Seeforelle in hauchdünnem Kohlrabi und den schon bekannten Radieserln eingewickelt, dazu Gierschcreme, Salzorangenmarmelade und Orangenzesten, Ponzusud mit Kürbiskernshoyu und Fischchips mit ein bissl Chili drauf. Großartig!

„Traunkrebse“

Die Traunkrebse kamen ausgelöst auf lauwarmen Gurken-„Spaghetti“, mit karamellisiertem Kümmel und einer beeindruckenden Sauerrahmsauce mit Liebstöckelöl.

„Traunbarsch“

Der folgende Barsch aus der Traun war sehr fest und salzig, solchen Fisch habe ich noch nie gegessen. Dazu knackiger Spargel, Physalis, die in gelben-Tomatenwasser eingelegt waren (fruchtig-sauer, super), Sternanis-Zimt-Butter und ein bisschen frisch geriebener Ingwer obendrauf.

Im Glas landete in der Zwischenzeit Riesling Pfaffenberg Alte Reben von Pichler Krutzler (2012), den ich mit seiner intensiven Frucht gern hatte (mehr hab ich mir schon wieder nicht gemerkt…). Weiter mit Aal aus dem Attersee mit süßem Topinamburstampf in hauchdünnem Sellerie eingewickelt, dazu eine Schafmolkesauce mit Butter (oder auch nicht – wir wurden uns am Tisch nicht einig, ob es vielleicht doch aromatisiertes Öl war), Kirschblüten und Limetten-Asche, die tolle, stechend-ätherische Säure in Staubform beisteuerte.

Zum Fleisch der nächste Wein, der zwar ziemlich tannin-ig aber *so* erstaunlich sanft war: Riserva Vino Nobile di Montepulciano D.O.C.G. 2015 von Salcheto.

Nun also der Hauptgang: Lamm mit Wirsing auf Jus, dazu ein Klecks Kräutersauerrahm, eingelegte Weichseln, blanchierter Barba di frate, und frittierter Rosmarin. Der Fleischallergiker der Runde erhielt eine vegetarische Variante mit Kürbiskerntempeh.

Nebenbei bekamen wir je eine Blätterteigschnecke gefüllt mit Brennesseln und Rosmarin, sowie superfruchtiger gedörrter (?) kandierter Paprika und eingelegten Brennesselblüten. In der Tischmitte stand dann noch eine Bolognese vom Lamm mit heller Creme (was war das nochmal?) und gedörrtem Wirsing rundherum, bei dem uns nicht ganz klar war ob es als Deko oder zum Eintunken gedacht war.

Dessert! „Duftveilchen“

Das erste Dessert begeisterte mich sehr, denn es war ~komplex~, aber ohne chichi*: Soufflierte Teigchips mit Veilchenzucker, drunter ein enorm saftig-fester gedünsteter Apfel der Sorte Orion, Pistaziencreme, Sauerrahmeis, Topfenschaum und Nusscrumble.

*Ich kann schwer in Worte fassen, was ich damit meine, aber geradlinig wär auch noch so ein Begriff, der dazu passen würde: Trotz Blütenblättern war die Nachspeise nämlich nicht blumenbunt-filigran-verspielt (eine Dessertästhetik, die mir schon ein bisschen ausgelutscht vorkommt – wenn ihr nicht wisst, auf was ich anspiele: einfach mal fine dining desserts googlen) angerichtet .

Ganz zum Schluss eine Auswahl an Pralinen aus der tollsten Pralinenschatulle, die ich je gesehen (aber nicht fotografiert habe). Für mich: gepuffter Wildreis in Karamell, ein Miso-Schoko-Trüffel, Matcha-Pistazie-weiße-Schoki und ein „Spezi“-Geleewürfel mit Pedacola und Orangensaft und erstaunlicher Nadelwald-Note. Auf dem anderen Teller: Himbeer-Gelee, auch ein Miso-Schoko-Trüffel, ein gebackenes „Mauserl“ in Zimtzucker und eine Kürbiskern(öl)praline.

Ich habe an diesem Abend viel über Fisch gelernt und was man alles daraus machen kann (Rogencreme!) und bin weiterhin endlos begeistert davon, was man aus Zutaten herausholen kann, wenn man sie fermentiert (Dirndl-Oliven! Kürbiskern-Shoyu! Physalis in Tomatenwasser!). Um es zusammenzufassen, das Menü (179€, exkl. Getränke) war großartig, der Service sehr freundlich* und in den schönsten Uniformen unterwegs, die ich seit langem gesehen habe. Also jedenfalls die Frauen, in ihren marineblauen Midi-Hemdblusenkleidern mit weiten Tellerröcken – die Männer trugen im Vergleich ganz fade dunkle Poloshirts. Und beim nächsten Besuch ist vielleicht sogar das Wetter schön?

*Für den unwahrscheinlichen Fall, dass das wer aus dem Team liest: ich hoffe, das mit dem Spargel wurde uns nicht übel genommen, das wäre mir sehr zuwider, deshalb – Entschuldigung!



Hi, ich bin Jana.
Seit 2009 veröffentliche ich hier wöchentlich Rezepte, Reiseberichte, Restaurantempfehlungen (meistens in Wien), Linktipps und alles, was ich sonst noch spannend finde. Ich arbeite als Podcastproduzentin und freie Kulinarikjournalistin. Lies mehr über mich und die Zuckerbäckerei auf der About-Seite.

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Im Zuckersüß sammle ich (fast) jeden Sonntag meine liebsten Links der Woche: Rezepte für die Nachback-Liste, lesenswerte Blogposts, Zeitungsartikel und Longreads, Podcasts oder Musik, die mir gerade gefällt und oft genug auch Internet-Weirdness. Außerdem schreibe ich auf, was ich sonst so interessant fand: neue Rezepte in meiner Küche, Lokale, in denen ich gegessen, Pullover, die ich gestrickt oder Texte, die ich geschrieben habe.