Wie es sich für eine Abschiedswoche gehört, habe ich in den vergangenen Tagen enorm viel unternommen und erledigt (und keine Zeit zum Bloggen gehabt). Bevor ich mein ganzes Geschirr an Freund_innen und das ESN übergeben habe (Rezeptideen für Wohnheimsküchen gibts hier, btw), habe ich noch spontan French Toast gebacken, weil Katharina Seiser ein so schönes French Kipferl getwittert hatte. Gleich anschließend habe ich vorsichtshalber auch noch 20 Pfannkuchen gemacht, um nicht nur auswärts essen zu müssen.
https://twitter.com/jasowies_o/status/1008994070960705536
Nach dem Frankreich-Auftakt habe ich tatsächlich nochmal Fußball geschaut – das erste Deutschlandspiel mit vielen mexikanischen Freund_innen, die sich nach dem Sieg nicht mehr einkriegten, und zwei Kolumbienspiele mit vielen kolumbianischen Freund_innen (einmal traurig, einmal mit viel Jubel). Nachdem ich bestimmt mehrere Jahre lang kein einziges Fußballspiel verfolgt hatte (so. fad.), musste ich feststellen, dass es gar nicht so langweilig ist, mit netten Menschen gemeinsam in einer Kneipe auf eine Leinwand zu schauen. Ich trank zwar Tee dabei und fieberte verhalten bis gar nicht mit, aber so war es mir auch völlig egal, dass Deutschland so schlecht gewesen war.
Im Kino war ich auch noch, denn mein gratis-Ticket, das ich als ERASMUS-Willkommensgeschenk bekommen hatte, wollte ich nicht verfallen lassen. Im Caméo lief neben ein paar aktuellen Filmen, von denen mich keiner recht zusagte auch 2001: A Space Odyssey. Ich wusste praktisch nichts über diesen Film, außer dass er irgendwie wichtig ist. Immerhin wird er ja 50 Jahre nach Erscheinen nochmal gezeigt! So landete ich gemeinsam mit einer lieben Freundin, die mich vorher noch zum Handkäs-Katerfrühstück eingeladen hatte (ich muss auch erst ins Nachbarland, um regionale deutsche Spezialitäten zu probieren?) in der 14-Uhr-OV-Vorstellung. Einmal wieder fiel mir auf, wie viele Leute in Frankreich alleine ins Kino zu gehen scheinen, zumindest im Vergleich zu Bayern/Wien, wo ich kaum Ähnliches beobachtet habe. Noch erstaunlicher fand ich die „Pause“ im Film: Einfach ein paar Minuten graues Bild, aber weiterlaufende Filmmusik und Saalbeleuchtung. Ich bin leider immer noch nicht dazugekommen, etwas über den Film zu lesen – ein bisschen Einordnung könnte ich schon gebrauchen.
Nach so vielen Leinwänden brauchte es auch einmal Abwechslung: Beim Rendez-Vous Place Stanislas wird gleich auf fünf Fassaden gleichzeitig projiziert. Jeden Abend um 22.45h gibt es dort eine bunte Animation auf dem Rathaus, der Oper, dem Kunstmuseum usw. : Kronleuchter werden an und ausgeschaltet, Shilouetten rennen durch die Gänge, ein überdimensionaler Stanislas wünscht einen schönen Abend, die Mauern werden mit Neon-Buntstiften bemalt und am Ende gehen die Illustrationen mit Geschichtsbezug in Discolichter mit Electro-Swing über. Der dreidimensionale Sound dazu hat mich ebenfalls sehr beeindruckt, der Platz ist rundherum mit Lautsprechern bestückt. Solltet ihr vor Mitte September in Nancy vorbeikommen, empfehle ich euch unbedingt, euch dieses Spektakel anzuschauen!
Eine Freundin machte in ihrer Lernpause (es sind immer noch Rattrapages!) mit mir einen Ausflug zum Gelände des Michto-Festivals in Maxeville. Das findet zwar erst wieder im Herbst statt, aber zwei sehr coole Containerkonstruktionen stehen ganzjährig da. Freiwillige hatten an diesen so herumgebastelt, dass die eine jetzt eine geschnitzte und bemalte Holzfassade hat und die andere aussieht wie ein Zirkuszelt.
Die Fête de la Musique am Donnerstag verpasste ich nicht: In Nancy spielten dafür in vielen Bars Live-Bands, manche Leute stellten einfach ein Soundsystem auf die Fensterbretter im ersten Stock und machten die Straße darunter zur Tanzfläche. Leider gab es nirgends einen Zeitplan für den Abend, sodass ich irgendwie immer dann irgendwo ankam, als gerade der letzte Song angestimmt wurde. Außerdem wollte ich dieses Fest zu meiner Abschiedsparty machen, aber *alle* meine Freund_innen in einer Stadt voller Menschen zusammenzuhalten stellte sich als Ding der Unmöglichkeit heraus. Trotzdem, die Fête de la Musique ist eine super Initiative und könnte sich meiner Meinung nach ruhig noch weiter verbreiten.
Zum Umzugswochenende bekam ich freundlicherweise Besuch von meinen Eltern, die mich dann mit dem Auto mit zurücknahmen. Vorher waren wir aber noch in der Gentilhommière (sooo schöne Desserts!) und bei La petite cuillère essen. Beim Excelsior hat sich herausgestellt, dass es von außen (superschöne Ecole de Nancy-Glasscheiben) schöner ist als von innen und nicht unbedingt einen zweiten Besuch wert ist.
Und weil ich jetzt eh schon sagenhafte drei Tage verspätet bin mit diesem Post, erzähle ich nicht noch länger, sondern gehe zu meinen liebsten Links der vergangenen Tage über:
REZEPT
Lavender Honey Ice Cream – A Dose of Pretty
Der Lavendel im Vorgarten meiner Familie spornt mich zu einem Dessert damit an.
cucumber cocktail pops with honey and za’atar – my name is yeh
Es ist (war) wieder Popsicle Week!
TEXT
I’ve Got Some Things to Say – by Romelu Lukaku
Lesenswerter WM-Content.
Man, listen — when we were kids, we couldn’t even afford to watch Thierry Henry on Match of the Day! Now I’m learning from him every day with the national team. I’m standing with the legend, in the flesh, and he’s telling me all about how to run into space like he used to do. Thierry might be the only guy in the world who watches more football than me. We debate everything. We’re sitting around and having debates about German second division football.
Landflucht, Landsucht – DATUM
Ich schimpfe oft und gerne auf „das Land“, dieser Text hat mich ein bisschen versöhnlicher gestimmt.
Schön ist es hier, sagen die Urlauber. Und ruhig, die Luft ist gut in den Bergen. Aber gute Luft und schöne Landschaft ist nicht genug, um Abwanderung abzuwenden. Nicht in Österreich und auch sonst nirgends in Europa. […] Der klassische Abwanderer hat einen hohen Bildungsabschluss und ist 15 bis 35 Jahre alt. Und er, der klassische Abwanderer, ist eigentlich eine Sie, denn es sind vor allem junge Frauen, die auf dem durch Handwerk und Landwirtschaft stark männlich geprägten ländlichen Arbeitsmarkt keine passenden Jobs finden. Diese Entwicklung wird durch patriarchale Strukturen des ländlichen Raums und fehlende Kinderbetreuung verstärkt.
Forever Lost – Kleinerdrei
Das Grauen der Sklaverei ist bis heute spürbar:
Dennoch steht da dieser Satz an der Wand, den ich anschaue: „Mögen die, die zurückkehren, ihre Wurzeln finden.“ Er ist an mich gerichtet und an alle, die Nachfahr_innen der Menschen sind, die von hier in die Sklaverei geschickt wurden. Der Satz bricht mir das Herz. Denn ich kann meine Wurzeln nicht wiederfinden. Ich kann nur Orte besuchen, an denen sie verloren gingen.
The Future of TV Is About Couch Shows vs. Phone Shows – The Atlantic
Interessante Einteilung:
Intentional media are the handful of offerings that we plan in advance to experience and then carve out particular chunks of time to enjoy. For me, these are the couch shows like Better Call Saul and very little else. Interstitial media, meanwhile, constitutes a far larger category. This is programming we use to fill the spaces in our lives—10 minutes in a grocery store line, 5 minutes waiting to pick up a kid at practice, 35 minutes on a train or bus. For me, these are the articles saved on Instapaper, audiobooks, and phone shows like Billions, which I enjoy immensely but have never seen inside my own home and have rarely watched in segments longer than a half hour. Invisible media, finally, is the largest category of all—the stuff we never see, that we’re scarcely aware even exists.
Debatte oder Protest: Wie weiter gegen rechts? – Blätter
…nicht mit Rechten Reden?
Doch der Glaube, die Neue Rechte wachse vor allem durch ihre Gegner, ist ebenso falsch wie die Annahme automatischer Solidarisierung von Leuten, „die sonst nichts mit den Rechten verbindet“. Auseinandersetzungen dieser Art finden schließlich seit Jahrzehnten statt. Sie haben den Rechten nie zuvor derart Öffentlichkeit gebracht wie heute. Die Präsenz der Neuen Rechten ist somit nicht eine Folge der Gegenaktivitäten, sondern fundamental veränderter Rahmenbedingungen. Sie verstand es, die europäische Krise und Flüchtlingsströme politisch umzumünzen. Ihren Aufschwung verdankt sie somit primär äußeren Faktoren, zu denen allerdings auch die Unfähigkeit der bürgerlichen Intelligenz zählt, die Neue Rechte zu durchschauen.
Homosexualität: Verfolgte Liebe – ZEIT ONLINE
So viel Homophobie in Gesetzen…
In den Archiven des Landes schlummern Hunderte, vielleicht sogar Tausende solcher Strafakten, denn die Verfolgung von Schwulen und Lesben war keineswegs auf die Nazizeit beschränkt. Bis in die siebziger Jahre war Homosexualität in Österreich strafbar – für Männer gleichermaßen wie für Frauen. Gesetzesgrundlage war der Paragraf 129 Ib, der „Unzucht wider die Natur mit Personen desselben Geschlechts“ mit bis zu fünf Jahren Kerker bestrafte. Eingeführt wurde der Paragraf 1852 unter Kaiser Franz Joseph, abgeschafft 1971 vom sozialdemokratischen Bundeskanzler Bruno Kreisky.
BAYERN: Entartung ausdünnen – DER SPIEGEL 12/1987 (via @StGraunke)
WTF, wie wurden HIV/AIDS in den 1980ern diskutiert?!
Infizierte und Kranke, schlug der CSU-Bundestagsabgeordnete Horst Seehofer vor, müßten künftig „in speziellen Heimen“ gesammelt werden. Er sprach von „konzentrieren“, sein Parteifreund und neuer Bonner Staatssekretär Erich Riedl von „absondern“.
Lipstick-Love und die Macht des Make-Ups – Ninia LaGrande
Eine Antwort auf Charlotte Roches Kolumne.
Ich für meinen Teil habe mich noch nie für jemand anders geschminkt. Ich schminke mich immer für mich. Manchmal schminke ich mich sogar und gehe gar nicht raus. Dann sitze ich in Schlafanzughose und mit perfektem HD-Make-up vorm Laptop und netflixe. Einfach, weil ich Bock hatte, mich zu schminken. Mal einen anderen Look auszuprobieren. Neue Utensilien zu testen. Oder nur, weil ich mein Gesicht so schön finde, dass es mir riesigen Spaß macht, drin rumzumalen. Manchmal schminke ich mich auch nicht.
Lene nimmt Abschied. — Sterben üben. (via @_noujoum)
Berührender Text.
Und ich mache es. Lenes Abschiedsvideo wird 6:46 Minuten lang. Anschließend setzen wir uns wieder auf das Sofa. Lene sieht sehr müde, aber auch sehr erleichtert aus. Wie jemand, der eine wirklich wichtige To-Do-Liste abgehakt hat und jetzt zufrieden ist. Lange sagt keiner von uns etwas. Irgendwann merke ich, dass ihre Hand zu mir hinübergekrabbelt ist und auf meiner eigenen Hand herumpiekst. Ich drehe die Handfläche nach oben und Lene legt ihre Hand in meine. “Sind wir jetzt Freundinnen?”, fragt sie. – “Wenn du möchtest.” – “Ja. Dann können wir ja ab und zu mal fotografieren gehen.” – “Gerne.”
SONST SO
A Mind-Blowing Technique for Cleaning Deep-Fry Oil Using Gelatin – The Food Lab
Merk ich mir für die zwei Mal im Jahr, an denen ich etwas frittiere.
FOTO
Der pittoreske Place de la Carrière in Nancy.
BACKKATALOG
2010: Schmand-Törtchen
2011: Limoncellokekse
2012: Vanilla Cookies
2013: Pfirsichtaschen mit Rosenwasser und Basilikum
2014: Oreos
2015: Mornetkuchen
2016: Vanilleies mit Kürbiskernöl
2017: Kirsch-Pavlovas