Mein Buchclub bespricht als nächstes den Debütroman der Insta/TikTok-Kabarettistin Toxische Pommes, der mir ansonsten wohl eher nicht in die Hände gefallen wäre. Der Klappentext:
Dieses Buch erzählt von der Beziehung zwischen einer Tochter, deren einziger Lebenssinn darin besteht, die perfekte Migrantin zu werden, und ihrem Vater, der sich bei dem Versuch, ihr das zu ermöglichen, selbst verliert.
Ein schönes Ausländerkind
Der Roman ist trotz der Tragik der Geschichte unterhaltsam und schnell gelesen und fühlt sich für mich (bin auch nur zugereist, also who knows) wahnsinnig österreichisch an. Viele Dialoge stehen in BKS im Text, die deutsche Übersetzung jeweils in Klammern.
„Durch die Kriege in Kroatien und in Bosnien waren in den letzten Jahren mehr Menschen als sonst nach Österreich eingewandert, worauf die österreichische Regierung mit der Einführung einer Quotenregelung für Ausländer reagiert hatte: Sobald ein jährlich festgelegtes Kontingent erschöpft war, durften keine weiteren Aufenthalts- oder Beschäftigungsbewilligungen mehr erteilt werden. Für meinen Vater hieß das übersetzt: Da angeblich zu viele Ausländer da waren, die den Österreichern ihre Jobs wegnahmen, blieb ihm nichts anderes übrig, als der faule Ausländer zu werden, der nicht arbeiten wollte“
Ein schönes Ausländerkind, S. 38
Die Hauptfigur hadert dauernd mit ihrer Identität, mit Geschlechterrollen, Vorurteilen und den Erwartungen ihrer Eltern.
„Meine Mutter war zufrieden: Zumindest ich war jetzt dort, wo sie hinwollte, dort, wo sie dank ihres Studiums eigentlich schon vor Jahren hätte sein sollen, wäre der Krieg nicht gekommen. Nicht nur war ich unter Österreichern – in meiner Schule gab es kaum Kinder mit Migrationshintergrund, die meisten hatten Großväter namens Hans oder Josef-, endlich war ich auch unter Akademikerkindern. Dass ich in Wirklichkeit auch eines von ihnen war, fiel allerdings kaum jemandem auf. Hier waren Ausländer nicht Akademiker“ p 105
Ein schönes Ausländerkind, S. 105
Niederösterreich ist in so bunten Bildern beschrieben wie Serbien und Montenegro, von akkurat geschnittenen Hecken und der Obsession mit akademischen Titeln bis zu Turbofolk im Nachbargarten und Eurocrem-Toasts.
„Ich wollte auch sein wie Jovana [meine Cousine], fühlte mich neben ihr und ihren Freunden aber eher wie ein gestriegelter Golden Retriever: blond, gut genährt und nichts Böses ahnend. Ich versuchte mitzuhalten, doch flog spätestens auf, sobald ich den Mund aufmachte. Mein Akzent sei komisch, ich klinge als wäre ich aus einem Bergdorf in Montenegro. Dass ich andauernd ‚Bitte‘ und ‚Danke‘ sagte, fanden außerdem nicht nur Jovanas Freunde komisch, sondern auch meine Verwandten.“
Ein schönes Ausländerkind, S. 160
Gute Sommerlektüre!
Toxische Pommes: Ein schönes Ausländerkind, Zsolnay (2024), 208 Seiten.