Eine Reise durch Slowenien

Dining car
Im Speisewagen

Vergangenes Wochenende bin ich gemeinsam mit einer Freundin nach Slowenien gefahren. Der Acht-Uhr-Eurocity brachte uns gemütlich innerhalb von knappen fünf Stunden an unser erstes Ziel, Laško. Die kleine Stadt ist einerseits für ihre gleichnamige Brauerei bekannt, die vor ein paar Jahren von Heineken aufgekauft wurde…

Andererseits gibt es dort seit k.-u.-k.-Zeiten ein Thermalbad, in dem wir erst einmal drei Stunden lang herumplantschten (12€). Das Wetter war wunderschön, die Glaskuppel über dem Innenbereich des Bads war deshalb geöffnet, und den Außenbereich gabs ja auch noch – 10/10 für diesen entspannten Start ins lange Wochenende.

hinter den Bäumen am linken Ufer der Savinja ist das Thermalbad von Laško

Am späten Nachmittag erklommen wir den Hügel zur Burg Tabor über der Stadt. Darin befindet sich, wie ich im Nachhinein herausfand, das Fine Dining-Restaurant Pavus von Marko Pavčnik, den der Gault&Millau 2022 zum slowenischen Koch des Jahres erklärt hatte. Wir tranken auf einer Parkbank mit bester Aussicht über das grüne Tal Dosenbier und das war super (meines war alkoholfreies Malzbier mit Limette und Hagebutte, von letzterer schmeckte ich aber kaum was).

Nachdem wir mitgebrachten Kamillenkuchen gefrühstückt hatten, machten wir uns Samstagfrüh mit einem Bekannten aus der Gegend auf nach Trbovlje. Dort gibt es nicht nur den höchsten Kamin Europas (360m, bei einem ehemaligen Kohlekraftwerk), sondern auch eine riesige Metallskulptur, die an die Bergbaugeschichte des Orts erinnern soll. Ihr Herz aus Kohle ist gebrochen, und gleichzeitig schaut sie auf die andere Seite des Tals, wo heute High-Tech-Firmen ihren Sitz haben (so wurde es mir jedenfalls gesagt).

Der Ort ist nicht besonders groß (18.000 Einwohner_innen), aber es scheint, als würde gerade viel in die Stadtentwicklung investiert. Es gibt mehrere Leih-Fahrrad-Stationen, ein kleines Museum und einen neuangelegten Mini-Park, der mit verschiedenen Tafeln an berühmte Leute aus der Gegend erinnert. Am spannendsten fand ich allerdings die Architektur. Das Kulturzentrum/Kino schaut von außen schon ziemlich cool aus mit dem gebogenen Vordach und den riesigen Mosaiken an der Fassade:

Kulturzentrum von Trbovlje

Oder diese offensichtlich geschlossene Bar, die außen wie innen Space Age Vibes ausstrahlt:

Am Nachmittag stiegen wir dann wieder in den Zug, für die gut 45-minütige Fahrt in die Hauptstadt. In Ljubljana war ich 2019 schon mal, meinen Blogpost dazu hatte ich damals mit

Ausnahmsweise hatte ich mich für diese Reise um gar nichts gekümmert und im Vorhinein kein bisschen zum Ziel recherchiert.

Eine Reise nach Ljubljana

begonnen, und diesmal war es nicht anders…

Naja, das Stadtzentrum war auch bei meinem zweiten Besuch pittoresk und grün und super sauber. Wir aßen Strudel am Marktplatz und Eis bei Vigò unweit der drei Brücken.

Ich hatte Pfirsich-Rosensorbet, das SEHR stark nach Rosenwasser schmeckte und dazu dunkles single origin Madagaskar-Schokoeis (3,10€). Beim durch-die-Stadt-streifen fotografierte ich hauptsächlich Fassaden, von denen gibts einige Besondere in Ljubljana:

Um knappe 3€ nahmen wir die Seilbahn zur Burg hinauf, wo wir recht lange herumstreiften, einen Regenschauer aussaßen und schließlich die golden hour genossen.

Diese „Gebirgs“-Gebäude finde ich sehr hübsch

Am Abend tranken wir Cocktails in der Kolibri Bar (wo ich 2019 auch gewesen war). Ich hatte zuerst einen „Broken Lavender 47“ mit zweierlei Gin, die sich im Titel verstecken (broken bones aus Slowenien und der berühmte Monkey 47) und geschmacklich stark durchkamen, rundherum schmeckte ich den Vanillesirup und die Zitrone, drin war noch Lillet Rouge und Traubensaft (13€). Meine Begleitung trank „fleur de paradis“ (13€) mit Gin, Zitrone, Grapefruit, St. Germain, Orangenbitters und Sekt. In der zweiten Runde: „St. James Gate“ (13€) mit gewürzigem Rum, einer Guinness-Reduktion, Zitrone, Sirup und Eiweiß: Sehr fluffig und überraschend frisch, was ich beim Malzbier nicht erwartet hätte.

Auf Empfehlung eines Freundes holten wir uns dann spätnachts bei Nobel auf der Ausgehmeile ein Pizzaburek (3,50€) und ein Kartoffelburek (3,50€). Bei ersteren frage ich mich, warum es sich in Wien noch nicht durchgesetzt hat, bei zweiterem, warum ich es nicht öfter esse, denn es ist schon ein super Gericht!

Am Sonntag frühstückten wir (rückblickend etwas unüberlegt auf so viele Cocktails am Vorabend) in der Pâtisserie Fétiche. Im Glauben, dass eine Viennoisserie ein besseres Frühstück abgeben würde als ein Törtchen (meine Begleitung entschied sich gleich für ein Paris-Brest!), bestellte ich eine „Dragon Roll“ (5€), eine schwarz gefärbte Croissant-„Scheibe“, die namentlich ans Stadtwappen angelehnt war. Der Blätterteig war super, die Kakaosplitter und schwarzen Sesamsamen außen überzeugten mich auch sehr, doch an der rum-lastigen Cremefüllung scheiterte ich und packte die Hälfte des Gebäcks für später ein.

Ich bestellte mir außerdem noch zwei Entrements zum Mitnehmen, ich bekam sie gefroren in der Styroporbox, sodass sie tatsächlich unzerlaufen (und nur etwas durchgeschüttelt) mit mir in Wien ankamen. Das eine Törtchen war eine Trompe-l’œil-Yuzu, außen spraypainted, innen Yuzu-Mousse mit Kokosbiskuit auf einem crunchy Boden. Das andere Törtchen, „Viola“ (hier bei Insta) war so vielschichtig (und voller teurer/aufwändiger Grundzutaten), dass ich mir gar nicht vorstellen kann, zu versuchen, es nachzubauen: Ein rotgefärbter Marzipanboden mit Mandelstückchen, darauf Pistazien-Biskuit, eine rote Fruchtcreme (wie die zustande gekommen ist kann ich mir nicht erklären, weiße Ganache oder crème pâtissière oder ganz was anderes), Kirschgelee, Pistazien-Matcha-Mousse und sehr intensive Pistaziencreme als Guss. Obendrauf waren dann noch eine kandierte Amarenakirsche und Schokokugerl. (*So* fancy Pâtisserie ist mir glaube ich bisher nur bei JUBEL in Berlin untergekommen).

Die Architektur!!

Anschließend spazierten wir aus der autofreien Innenstadt hinaus zum Tivolipark, wo sich das Museum für Zeitgeschichte befindet. Weils der erste Sonntag im Monat war, kamen wir gratis hinein und ich bekam endlich ein bisschen Kontext zu meinem Reiseziel, das ich im Vorhinein überhaupt nicht recherchiert hatte.

Von den Anfängen des ersten Weltkriegs, wo Slowenien noch Teil der k.-u.-k.-Monarchie gewesen war, über das Königreich Jugoslawien, den zweiten Weltkrieg, das sozialistische Jugoslawien und die Unabhängigkeit 1992 geht die Ausstellung bis 2008, wo das Land erstmals die EU-Ratspräsidentschaft übernommen hat. Sprache war oft Thema, vor allem wegen Sprachverboten seitens des faschistischen Italiens oder ausgehend von Österreich bzw. der Ostmark. Als zeitgeschichtliches Museum versammelt es viele Alltagsgegenstände, interessant fand ich zum Beispiel die Keksschachtel, die 1960 den jugoslawischen Verpackungsdesign-Preis gewonnen hatte oder die Wand mit Verweisen auf die Popkultur der 1980er, mit dem Musik/Kunstkollektiv Laibach/NSK oder der Punk-/Funk-Band Otroci Socializma.

Am späten Nachmittag nahmen wir den Eurocity zurück nach Wien – unschlagbar günstig, denn die slowenische Bahn verkauft inländische Tickets am Wochenende mit 75% Rabatt (nur am Schalter oder im Zug, soweit ich das verstanden habe), und ab Spielfeld-Straß würde ja das Klimaticket gelten. Das gesparte Geld investierten wir in ein 14€-Schnitzel im Bordrestaurant, das eine richtige Küche hat (?!) und offenbar ein Familienbetrieb ist. Das Schnitzel wurde mitsamt Pommes tatsächlich frisch herausgebacken, besonders überzeugend war es leider nicht. Vegetarisches Warmes gab die Karte leider nicht her.

Um zehn am Abend war ich zurück in Wien und freute mich mal wieder darüber, wie super es ist, in einer Stadt zu wohnen, von der aus eins so leicht und spontan Zugreisen unternehmen kann. Und Slowenien ist so eine Reise eindeutig wert!



Hi, ich bin Jana.
Seit 2009 veröffentliche ich hier wöchentlich Rezepte, Reiseberichte, Restaurantempfehlungen (meistens in Wien), Linktipps und alles, was ich sonst noch spannend finde. Ich arbeite als Podcastproduzentin und freie Kulinarikjournalistin. Lies mehr über mich und die Zuckerbäckerei auf der About-Seite.

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Im Zuckersüß sammle ich (fast) jeden Sonntag meine liebsten Links der Woche: Rezepte für die Nachback-Liste, lesenswerte Blogposts, Zeitungsartikel und Longreads, Podcasts oder Musik, die mir gerade gefällt und oft genug auch Internet-Weirdness. Außerdem schreibe ich auf, was ich sonst so interessant fand: neue Rezepte in meiner Küche, Lokale, in denen ich gegessen, Pullover, die ich gestrickt oder Texte, die ich geschrieben habe.