Fernruf 7, Unternberg 7, 4120 Neufelden
Direkt gegenüber vom Mühltalhof, wo ich das erste Januarwochende verbracht und auch Philip Rachingers Menü ois gegessen habe (hier meine Gedanken dazu), kocht dessen Vater Helmut Rachinger im Fernruf 7.
Das Lokal könnte nicht anders sein als das im Haupthaus gegenüber, statt auf exklusiven Designersesseln sitzt man hier auf Holzbänken oder Klappstühlen an teilweise sehr kleinen Tischen ohne Tischdecken. Dem Gebäude sieht man sein Alter an: es ist klein und verwinkelt, der Boden hauptsächlich in Granit gepflastert, die schwarzen Aufputz-Stromleitungen sind zwar eindeutig recht neu, aber stilmäßig eher Mitte des letzten Jahrhunderts angesiedelt. Das kleine Küchenteam werkelt in der halboffenen Küche rund um den Holzofen in „zivil“ (keine Spur von Kochjacken oder fancy Uniformen), von der Decke hängen Kräuter und getrockneter Knoblauch. Alles sehr gemütlich!
Das handgeschriebene Menü gibt es genau ein einziges Mal, es klebt auf einem Holzbrett, das der Chef den ankommenden Gästen an den Tisch bringt. Drei, fünf oder sieben Gänge kann man daraus auswählen, für je 44, 57 oder 70 Euro ohne Getränke.
Weil wir am Vorabend 15 Gänge gegessen hatten, war klar, dass es an diesem Nachmittag (die Küche hat nur bis 19 Uhr geöffnet), nur die kleinste Menüvariante werden könnte.
Tatsächlich wurden es dann eh mehr als drei Gänge, zu Beginn gabs nämlich ein paar Snacks: Großartiges, großporiges, resches Roggensauerteigbrot (offenbar aus dem Holzofen gleich neben unserem Tisch!), dazu süße Zwiebelmarmelade, Kraut in Butter, das fast sahnig schmeckte, bissfeste Peterwurzen in Yuzu und Olivenöl und eines der ungewöhnlichsten Kimchis, das ich in letzter Zeit probiert habe: mit Karotten, gelben Rüben, Mini-Karfiolröschen, weißen Rüben, Kraut (oder Chinakohl?) und Zitronenschale, die für ein überraschendes, leichtes, ätherisches Aroma sorgte.
Die Holzbretter mit den vier Schüsserln und dem Brot wurden uns auf das erhöhte Holztablett in der Tischmitte gestellt, die kleinen Teller und das Besteck dazu behielten wir über das ganze Menü hinweg.
Den ersten Gang, eine große Salatplatte, bestellten wir uns in einer vegetarischen Variante ohne Rohschinken, den ich kein bisschen vermisste. Das Ganze bestand aus eingelegtem Chinakohl (in Safran, Yuzu, Chili, Ingwer und Knoblauch), Radicchio, Birnenpüree, feinen Apfelspalten, angeflämmter Zwiebel, geriebenem Blauschimmelkäse und Walnüssen. Diese Zutatenkombination vermittelte wie vieles im Lokal ziemliche Ost-West-Vibes (quasi ja Kimchi + mitteleuropäischer Wintersalat), es schmeckte mir super.
Den zweiten Gang konnte ich mir von der Beschreibung auf der Karte nicht vorstellen, auch optisch erschloss sich mir das Gericht nicht ganz (es sah ja aus wie Reis mit gedünsteten Karotten und eingelegtem Chinakohl an der Seite und damit nicht so spannend). Aber es funktionierte so gut – und war sowieso geschmacklich viel komplexer als das nur durchs Anschauen ersichtlich war – ich war begeistert.
Die feinen Karottenscheiben waren in Orangensaft und -zeste, Koriander, frischer roter Chili und Curry gedünstet. Der Basmatireis war mit Sesam und Chili bestreut (Furikake?), und obendrauf war ein kleiner Klecks umami-salzigen Koji-Reis. Und der Safran-Chinakohl auf der abermals japanisch wirkenden Porzellanplatte war der gleiche, der schon im Salat zuvor aufgetaucht war.
Zum Schluss aßen wir noch außerordentliche Knollen mit Aioli: Mehrfach frittierte „normale“ Pommes, Chips aus bunten Kartoffeln und Topinambur, geräucherte lila Kartoffeln (WOW), gerösteter Topinambur und Kartoffelpüree. Das bestand nur aus Kartoffeln und deren Kochwasser – beeindruckend.
Eine Nachspeise hätte ich zu diesem Zeitpunkt unmöglich mehr essen können, es empfiehlt sich, mehr Abstand zwischen den beiden Restaurants des Mühltalhofs zu lassen, um *alles* genießen zu können, das lohnt sich. (Ein Anfängerfehler, so knapp hinteinander dort zu reservieren, schrieb mir wer auf Instagram).