BRUDER

Bruder Küche&Bar, Windmühlgasse 20, 1060 Wien

Jede_r der/die mich nach einer Lokalempfehlung in Wien fragt, bekommt das Bruder als Antwort. Seit ich mal für eine Radioreportage über fermentierte Getränke dort war und später auch immer wieder um einfach dort zu essen oder trinken, bin ich vollauf begeistert vom Bruder. Es ist hip und cool, gleichzeitig gemütlich und elegant und vor allem sind alle Getränke und Speisen auf der Karte etwas ganz Besonderes.

Als Aperitiv gabs für mich einen hausgemachten roten Wermut Tonic mit dem bruder-typischen üppigen Kräutersträußchen (6,90€), meine Begleitung bestellte einen Strand-Wald-Spritz-Longdrink (10€), der Österreich (Weißtannenwipferl) mit Sizilien (Limoncello) verbindet.

Unsere Vorspeisen kamen aus der Kategorie „Jause“, die tapasmäßig zum Teilen gedacht sind. Genau wie am Vorabend in der ALMA Gastrothèque, über die ich auch einen Bericht geschrieben habe, gabs Brot und Butter, aka Bitte Abstand Halten (6,50€). Das halbwegs dunkle, recht saure Brot wurde mit sehr luftig geschlagener, froschgrüner Bärlauchbutter serviert, dazu gabs salzige Bärlauchkapern. Ziemlich simpel, aber auf keinen Fall fad.

Außerdem: Sauer macht lustig (6,50€) mit (milchsauer) fermentiertem Blumenkohl, dem Safran etwas Farbe (aber kaum Geschmack?) gab, wenig scharfen, im Ganzen eingelegten Senfkörnern, Mayonnaise und kleinblättrigem Basilikum.

Bei den Hauptspeisen entschieden wir uns seit langem mal wieder für Fleisch (ich glaube seit dem Hinterhofsessen Mitte April blieb ich vegetarisch) und wurden nicht enttäuscht.

Mit Traditionen brechen (19,50€) war ein rosa gebratenes Stück Kalb auf abermals froschgrünem Erbsenpüree, mit dunklem Fleischfond, Kichererbsen, superguten bissfesten Kohlrabiwürfeln und hausgemachtem Esspapier mit rosa Pfeffer – alles sehr frühlingshaft und leicht.

Ernst sei Dank (15,50€), stellte sich als das geschmackliche Gegenteil heraus. Die Schweinsbratwurst (von Onkel Ernst gemacht, daher der Name) wurde mit feinem Kartoffelpürree, Sauerkraut, einem Stück salzigem Surfleisch, einer Sardelle (!) und Fleischfond serviert. Hier überwog die süß-fettige Schwere des Würstls, die mich, wäre die unerwartete salzige Sardelle nicht gewesen, sehr an ein unbestimmtes Früher erinnert hätte.

Für sich alleine wären die Portionen (auch für die fast zwanzig Euro!) schon recht spärlich gewesen, aber mit Vor- und Nachspeise passte es genau.

Ohne lange Nachzudenken bestellten wir schließlich auch noch beide Desserts, die genau wie fast alles andere auf arg kitschigen Tellern angerichtet waren.

Immer wieder Sonntags (9,50€) schaute recht unspektakulär aus. Eingelegte oder kurz blanchierte – jedenfalls sehr knackige – Rhabarberstückchen mit zitronigem Topfeneis und zweierlei Mandelgebäck. Eines davon war weich und biskuit-ig und saugte sich mit Rhabarbersaft voll, das andere war streuselig-knusprig und damit ein guter Kontrast in der Textur.

Noch einmal bitte (9,50€) bestand aus ein paar mehr Komponenten: Eine kleine Shortbread-Schnitte mit dunkler, dicker Ganacheschicht, dazu saftigsüße, gepfefferte (!) Erdbeeren, und eine Kugel leichtes Erdbeersorbet mit Karamellsauce auf Mandelstreuseln.

Ganz zum Schluss nochmal Getränke. Einerseits ein Flascherl Ferment des Tages (4,90€) was diesmal ein hausgemachtes „Root Beer“ mit Gundermann, Giersch und noch zwei Arten Grünzeug war – sehr spritzig, kaum mehr süß. Andererseits Mein neues Parfüm, den ich empfohlen bekommen habe, nachdem ich auf meinen liebsten Cocktail des letzten Jahres, einen Sauerkirsch-Speck-Boulevardier, ebenfalls vom Bruder, verwiesen habe.

Ich habe nicht herausgefunden, auf welcher Spirituose Mein neues Parfüm basiert, der Drink selbst schmeckte jedenfalls sehr rauchig (vermutlich vom gewaschenen Speck), etwas milchig (Molke) und irgendwie nach Birne? Allerdings stand Banane auf der Karte, es könnte sich also auch um einen Fall von Geschmacksverirrung gehandelt haben. Die Banane war außerdem in Form von kleinen Püreetupfern, die sehr „kribbelig“ geschmeckt haben, auf der karamellisierten Teigplatte obenauf zu finden. Daneben: Ein Stück gebratener Speck, ein paar Erdnüsse und ein Kraut, das mit der Banane gemeinsam fast wie Mohn geschmeckt hat. Ein sehr spannendes Getränk zum Abschluss eines tollen Restaurantbesuchs!



Hi, ich bin Jana.
Seit 2009 veröffentliche ich hier wöchentlich Rezepte, Reiseberichte, Restaurantempfehlungen (meistens in Wien), Linktipps und alles, was ich sonst noch spannend finde. Ich arbeite als Podcastproduzentin und freie Kulinarikjournalistin. Lies mehr über mich und die Zuckerbäckerei auf der About-Seite.

Meine Sketchnotes:
jasowieso.com

Creative Commons Lizenzvertrag
Porträtfoto: (c) Pamela Rußmann

IMPRESSUM

DATENSCHUTZERKLÄRUNG

Newsletter

Meine Lieblingslinksammlung Zuckersüß wöchentlich direkt in deinem Postfach!

Powered by Buttondown. Ohne Tracking!

Rechtliche Angelegenheiten

Impressum
Datenschutzerklärung
Creative Commons Lizenzvertrag
Alle Bilder und Texte der Zuckerbäckerei sind lizenziert unter einer Creative Commons Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 International Lizenz. Wenn du Fragen zur Verwendung meiner Inhalte hast, schreib mir einfach eine E-mail. Danke!

Kategorien

Tags

Archiv

Zuckersüß

Im Zuckersüß sammle ich (fast) jeden Sonntag meine liebsten Links der Woche: Rezepte für die Nachback-Liste, lesenswerte Blogposts, Zeitungsartikel und Longreads, Podcasts oder Musik, die mir gerade gefällt und oft genug auch Internet-Weirdness. Außerdem schreibe ich auf, was ich sonst so interessant fand: neue Rezepte in meiner Küche, Lokale, in denen ich gegessen, Pullover, die ich gestrickt oder Texte, die ich geschrieben habe.

Schreibe einen Kommentar