Obalski Restaurant, Schyrenstrasse 8, 81543 München
Start your year right… oder so. Deshalb war ich mit Freund_innen gleich am Tag nach selbstgemachter Trüffelpasta (s. Zuckersüß 493) in der ersten Januarwoche im Obalski, um fast alles, was die Karte hergibt, zu essen. Und das war rückblickend eine sehr gute Idee!
Als erstes bestellte ich mir ein sehr fruchtiges Glas roten Naturweins, Matubu von Mas Coutelou (7€).
Los gings mit Pork Belly-Würfeln, Lauchzwiebeln und Teriyakisauce (14€), süßlich-reichhaltigeses comfort food. Außerdem gekochte Artischocke mit Joghurt-Tahini-Dip und Vinaigrette zum Eintunken (11€) und Roggenbrot mit Salzbutter und Rosmarin (6,50€). Das kam von der Bäckerei Julius Brantner, die mir von meiner ortskundigen Tischgesellschaft als „Brotheilige von München“ vorgestellt wurde.
Weils so schön ist, gleich noch zwei Vorspeisen: Saiblingstartar mit Krenmayo, Karottencreme, Kaviar und Meeresspagel in einer sämigen, sesamigen Sauce (16€), einer meiner liebsten Teller des Abends. Ceviche von der bayerischen Garnele mit Leche de Tigre und Gurkenwürfeln (18€).
Vier Leute, vier Hauptspeisen, die frei mit fünferlei Beilagen zu kombinieren waren. Wir bestellten Pulpo auf einer tieffruchtigen Paprika-Tomaten-Karotten-Sauce, dazu wilden Brokkoli mit Haselnuss (24€).
Von der rein vegetarischen Hauptspeise hielt ich mich allergiebedingt fern, sie wurde am Tisch kontrovers kommentiert, von „gemütlich und total rund“ bis „ein wenig langweilig“: geschmorter Spitzkohl (der in echt viiiel kleiner war, als er auf dem Bild aussieht) auf Selleriepüree mit Haselnuss-Vinaigrette mit Petersilöl (18€), dazu ein gemischter Salat (ohne Bild).
Das Fried Chicken in lime & milk mit leicht pikanter Mayo und limettenzestiger Joghurtsauce, Gurkensalat und Coleslaw entwickelte sich so schnell zum Favoriten, dass wir das selbe Gericht nochmal bestellten (19,50€). Als Beilage gegrillter Romanasalat mit Parmesan und Schnittlauch.
Die vierte Hauptspeise kam aus der Kategorie Specials, ich hatte dafür votiert: Moules Frites in Weißwein-Sauce mit Selleriegrün und Kräutern, dazu Pommes mit Parmesan und bissl Trüffel (schon wieder!) zum Eintunken. Als ich zuletzt Moules frites gegessen habe (im Hollerkoch, 1180) musste ich etwa einen halben Liter Suppe übrig lassen, so übertrieben war diese portioniert. Hier war es genau anders herum, erst als wir die Hälfte der Muscheln aufgegessen hatten, konnte ich endlich meine Pommes in den Sud tunken, das fand ich ein bisschen schade.
Eigentlich wollten wir keine Nachspeise mehr bestellen, weil wir bei der Hauptspeise schon Nachschlag geordert hatten und die Dessertauswahl auch nicht besonders spannend klang. Wir erinnerten uns aber schnell an den Start your year right-Gedanken und bestellten erst ein Stück Cheesecake, das so schnell weg war, dass wir ein zweites und auch das Mousse au Chocolat bestellten.
Der Cheesecake (8€) hatte einen fast cremigen Boden (Nachfrage ergab: aus Mandeln, Pecans, Macadamias) eine kühle, dichte Creme, und das allerbeste: eine knackig-knusprige Karamellkruste. Das merk ich mir für meine nächsten Käsekuchenexperimente! Das Mousse au chocolat (8€) war herb und luftig, um die Nusssplitter aß ich vorsichtig herum.
Insgesamt war ich sehr begeistert von diesem leicht französisch angehauchten, cool-schicken Bistro. Schummriges Kerzenlicht, petrolfarbene Wände, eine rundum verspiegelter Eyecatcher-Säule neben der Bar, schwarz-weiße Marmortischplatten und darauf auffällig gebrandete Bierdeckel. Branding sichtbar am Tisch platzieren scheint in den letzten Jahren überhaupt sehr zeitgeistig geworden – s. Reznicek mit seinen beschrifteten Tellern (1090) oder das Bruder mit seinen iconic heute-lieber-rauschig-Bierdeckeln (1060). ~Der Zeitgeist~ begegnete mir auch auf dem Weg zu den Toiletten, als ich glaubte, mich in einen Club verirrt zu haben (Sticker am Spiegel, Zigarettenautomat), tatsächlich handelt es sich aber um ein Spinning-Studio mit Clubvergangenheit (?).
Aber zurück zum Obalski selbst. Die überschaubare, aber vielfältige Speisekarte (ein A4-Zettel auf Klemmbrett) ist super zum Teilen, fair bepreist („mein“ Viertel der Gesamtrechnung belief sich mit Trinkgeld auf 70€) und die Umsetzung durchwegs sehr gut. Den wilden Sprachmix (deutsch, englisch, französisch, gerne auch in einer Zeile kombiniert) verstehe ich zwar nicht ganz, aber vielleicht ist das einfach München? Den Service haben wir mit unserer großen Bestellung und mehrmaligen Nachbestellungen wohl ein bisschen irritiert, von ihrer Freundlichkeit ließen sich die Kellnerinnen nicht abbringen. Zu einer Cocktailbestellung (Auswahl schaut solide aus!) kam ich zuletzt nicht mehr, hatte einen Bus zu erwischen. Aber das Obalski ist jetzt jedenfalls auf meiner inneren München-Karte verankert.