Kutsch

händisch bestempelte Stoffservietten… inkl. ein paar mit „Tipp“-Fehler

Kutsch, Schopenhauerstraße 19, 1180 Wien

Eine Restauranteröffnung in Spazierweite, da muss ich natürlich vorbeischauen! Das Kutsch hat Cook the Market als Tagline, ein Verweis auf die Nähe zum Kutschkermarkt. Passend zur neu gestalteten Straße sieht es ziemlich stylish aus: hohe Decken, hohe Fenster, Kronleuchter, eine matttürkise Bar und schwarz-spiegelnde Glastische.

Als Aperitif Wermut-Tonic, dazu ein kleines Sauerteigbrot vom Öfferl ums Eck, das mit paprikagewürzter Kräuterbutter (meine Begleitung fühlte sich an Liptauer erinnert) und Radieschen aus dem Beet daherkam. Das Radierserl im winzig kleinen Gläschen war von Kräuterfrischkäse (mit ein bisschen Liebstöckel, auf den Rest kam ich nicht und auch der Service konnte es nicht sagen) umgeben und mit Bröseln bedeckt. Nette Idee, in Kombination mit den Hochglanztischen aber ganz schön messy.

Die Wichtigkeit der Ganslzeit ist mir nach acht Jahren in Österreich immer noch nicht ganz geläufig, aber natürlich gibts auch hier eine Extra-Speisekarte für diese Extra-Jahreszeit. Davon habe ich mir als Vorspeise eine Gänseleberpastete (14,50€) ausgesucht, die mit Haselnüssen bestreut (tja) und mit kühlen Quittenwürfeln dekoriert war. Daneben Apfelkompott, dazu ein enorm fluffig-buttriges frischgetoastetes Brioche, das ich von allen Komponenten hier am liebsten mochte.

Meine Begleitung bestellte Marktgemüse (roh, gegrillt, eingelegt) mit Schnittlauch-Aioli. Die gehobelten Rüben in Fenchel-Lake fand ich sehr gut, das übrige Gemüse eh auch, aber 11,50€ für so ein winziges Teller finde ich – v.a. im Vergleich zu meiner Vorspeise – ganz schön viel (so, wie in der Rundbar im Sommer!).

Bei den Hauptspeisen hielten wir uns an Vegetarisches, und ehrlich gesagt war ich ein bisschen enttäuscht. Meine Fregola Sarda (17,90€) mit einer Sauce aus geschmorter Paprika (und ein etwas Käse) fand ich einigermaßen fad, und fünf Blätter Sauerampfer/Kapuzinerkresse gleich als Kräutersalat zu bezeichnen eher übertrieben. Die Parmesanspätzle mit brauner Butter und Schnittlauch (16,50€) waren auch nicht besonders spannend, der Salat mit den gemusterten bunten Rüben sah immerhin hübsch aus.

Meine Lieblingsspeisenkategorie, das Dessert, konnte mich wieder etwas positiver stimmen. Mein Bratapfel (10,50€) war in feine lange Streifen gehobelt und zur Rose aufgewickelt, bestreut mit grob gestoßenem Kardamom, der auf einem honigsüßen breadpudding (wie heißt das auf deutsch??) mit leicht bitterer Zitronencreme thronte. Daneben herbes hausgemachtes Preiselbeereis auf Bröseln. Geschmacklich fand ich das Ganze sehr gut, aber vor allem die Apfelrose war ohne Messer viel zu schwierig zu essen, es war quasi unmöglich, alle Komponenten auf einen (zugegeben sehr hübschen, schweren Silberlöffel) zu kriegen. Dazu trank ich ein Glas Weißburgunder (5,80€), ich erinnere mich nur noch, dass mir der ein guter Kontrast zum süßen Dessert war.

Meine Begleitung nahm Heidelbeer-Datscherl (11,50€) mit Sauerrahmeis, die waren sehr gut.

Statt Petit Fours bekamen wir zum Schluss je eine winzige Schüssel geflämmter Sabayon auf Marillenmarmelade und Keksbröseln (vermutlich dieselben, die das Eis der Desserts auf den Tellern halten), meine Begleitung erklärte das zum besten Gang des Abends.

Ich freue mich über dieses neue, hippe, ambitionierte Lokal in einer Gegend, in der es sowas kaum gibt – nur ganz überzeugt bin ich leider noch nicht. Das Konzept des Kutsch gefällt mir, leider ist die Umsetzung noch nicht ganz rund.



Hi, ich bin Jana.
Seit 2009 veröffentliche ich hier wöchentlich Rezepte, Reiseberichte, Restaurantempfehlungen (meistens in Wien), Linktipps und alles, was ich sonst noch spannend finde. Ich arbeite als Podcastproduzentin und freie Kulinarikjournalistin. Lies mehr über mich und die Zuckerbäckerei auf der About-Seite.

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Im Zuckersüß sammle ich (fast) jeden Sonntag meine liebsten Links der Woche: Rezepte für die Nachback-Liste, lesenswerte Blogposts, Zeitungsartikel und Longreads, Podcasts oder Musik, die mir gerade gefällt und oft genug auch Internet-Weirdness. Außerdem schreibe ich auf, was ich sonst so interessant fand: neue Rezepte in meiner Küche, Lokale, in denen ich gegessen, Pullover, die ich gestrickt oder Texte, die ich geschrieben habe.