Erdbeerkuchen mit Verbenencreme und Kombuchagelee

Seit gut zwei Jahren verfolge ich das Brigittenauer Restaurant Mraz&Sohn auf allen Kanälen. Ich glaube Katharina Seisers „Lokaltermin“ in der SZ war einer der Auslöser dafür:

Warum der Spannungsbogen hier mühelos bis zum Schluss hält? Die Herren Mraz machen das, was ihnen gefällt, und zwar mit ordentlich Feuer und Professionalität. Nebenbei erfinden sie eine neue Wiener Küche, die mit dem, was die Zuwanderer im Gepäck haben, so spielt, wie es Wiens Küche seit Jahrhunderten tut. In Zeiten des Populismus wird das natürlich gern unter den Teppich gekehrt. Ein wenig weltoffen und begeisterungsfähig sollte man aber schon sein. Beim Mraz servieren sie nicht wienerisch-servil, sondern großstädtisch-selbstbewusst.

Ich nahm mir fest vor, mich *irgendwann* selbst dorthin einzuladen (spoiler: ich war vergangenen Mittwoch dort!) und bis dahin einfach alles über dieses in meinen Augen spannendste Lokal der Stadt zu lesen. Zwischenzeitlich ergab es sich auch noch, Lukas Mraz für meine Kulinarium-Sendung zum Ö1-Japan-Schwerpunkt zu interviewen, wofür ich als Vorbereitung erst recht *alle* ergooglebaren Texte zum Mraz&Sohn las – besonders interessant: Lukas Mraz brilliert in der Küche seines Vaters (Falstaff), Wie die Healthy Boy Band Österreich auf der Gourmet-Landkarte platziert (der Standard) und Die große Healthy Boy Band Cooking Show (FM4).

Außerdem wurde ich begeisterte Followerin des Insta-Accounts des Restaurants, wo ich im Sommer diesen Kuchen hier entdeckte:

https://www.instagram.com/p/CCnyxXAFx_V/

Eine „Kopie“ (jedenfalls optisch) einer McCafé-Schnitte, nur in *spannend*. Ich beschloss, den Kuchen nachzubauen – mit dem Handicap, dass ich ihn niemals probiert hatte und Foto und Beschreibungstext nicht wahnsinnig ausführlich waren.

erdbeer-verbenen-kombucha vogelperspektive

Meine Interpretation sieht ein bisschen anders aus (das Kuchen-Creme-Verhältnis ist eindeutig nicht wie auf dem Foto) und ist technisch wohl auch noch optimierbar. Den Kombucha-Guss zwischen auf den Erdbeeren habe ich nämlich mit Gelatine angedickt, was wohl keine besonders gute Wahl war (das nächste Mal „Tortenguss“ oder vielleicht Pektin?). Der vorbereitete Guss in meiner Schüssel wurde erst nach einer Stunde fest genug, um ihn über die Schnitten zu gießen. Davor „versickerte“ er einfach im Biskuit, was mir einen zur Hälfte Kombucha-getränkten Kuchen bescherte (noch dazu, weil ich den oberen Boden verkehrtherum, also mit der krume- statt kruste-Seite auf die Cremefüllung gesetzt habe…).

Die Verbenencreme-Füllung dagegen war richtig super. Das Zitroneneisenkraut, wie es auf deutsch heißt, kenne ich eigentlich nur als marokkanischen Teeersatz-Aufguss „Louisa“, doch als Dessertkomponente kann es sich auch sehen lassen.

Um einen Vergleich der besten Verarbeitungsmethode zu haben, habe ich einen Teil der Sahne mit getrockneten Blättern aufgekocht und abkühlen lassen, den Rest der Sahne für zwanzig Stunden mit getrockneten Blättern darin in den Kühlschrank gestellt. Wenig überraschend war die erhitzte Variante weit intensiver und damit auch die, die ich nächstes Mal wählen würde. Wie die Mrazes (wie setzt man diesen Namen in die Mehrzahl??) ihre Füllung so grün bekommen haben wie die (vermutlich farbstoffbunte) im McCafé-Vorbild, kann ich nicht nachvollziehen – meine Sahne war nur einen Hauch gefärbt.

erdbeer-verbenen-kombucha, seitenansicht

Ich bin dennoch zufrieden mit meiner Kopie der Kopie. Überhaupt: wer weiß, ob die Mraz&Sohn-Köche das McCafé-Original jemals probiert haben, oder auch nur vom Foto aus „nachgebaut“ haben? Der Schwarzteekombucha ist ein überraschender, leicht säuerlicher Kontrast zu den saftig-süßen Erdbeeren und die Verbenencreme mag ich, wie gesagt, super gerne. Dann noch fluffiger Biskuitboden mit ganz leichtem Zitronenzesten-Aroma und dank einer lieben Kollegin mit Verbenenbäumchen auch noch frische Blätter zur Deko.

Den Aufwand (und der war groß: Kombucha von Freund_innen organisieren, einen Teeladen mit Verbene im Sortiment auftun, absurde 12€ für okaye Erdbeeren zahlen, stundenlang in der Küche stehen) war es wert!

Das folgende Rezept, ist wie beim Milcheis mit Karottenkaramell („nachgebaut“ von der Gastwirtschaft Floh in Langenlebarn), eher als „Werkstattbericht“ zu lesen denn als gelingsichere Anleitung, aber ich glaube, das versteht sich nach obiger Einführung eh von selbst.

Erdbeer-Kuchen mit Verbenencreme und Kombuchagelee

inspiriert von einem Instagramfoto des Restaurants Mraz&Sohn

Verbenencreme
375 ml Sahne
6 g getrocknete Verbenenblätter
Salz
40 g Puderzucker
250 g Topfen
3 Blatt Gelatine
3-4 EL Sahne

Biskuitboden
5 Eier
2 Eigelb
150 g Zucker (davon 50 g selbstgemachter Vanillezucker)
Salz
80 g Butter
80 g Mehl
80 g Stärke
frisch geriebene Zitronenzeste

Guss
1 kg Erdbeeren
300 ml Kombucha aus Schwarztee
4 Blatt Gelatine (beim nächsten Mal nehm ich ein anderes Geliermittel!)

für ein Backblech

Für die Creme Sahne und Verbenenblätter kurz aufkochen und dann abkühlen lassen. Im Kühlschrank durchziehen lassen, bis die Sahne sehr kalt ist und den gewünschten Geschmack erreicht hat.

Den Ofen auf 160°C Ober- und Unterhitze vorheizen und ein tiefes Backblech mit Backpapier auslegen.

Eier, Eigelbe und Zucker mit einer Prise Salz aufschlagen, bis die Masse ganz hell und feinporig ist.

Währenddessen die Butter schmelzen und abkühlen lassen.

Mehl und Speisestärke über den Eierschaum sieben und eine Prise Salz zugeben. Mithilfe eines Teigschabers vorsichtig unterheben.

Die geschmolzene Butter dazugießen und gleichzeitig vorsichtig mit dem Teigschaber unterheben. Zitruszeste vorsichtig einarbeiten. Wenn die Masse homogen ist und keine „Kammern“ voller Mehl oder Fett mehr darunter sind, auf das vorbereitete Blech gießen und gleichmäßig verstreichen.

Gut 20 Minuten backen, bis der Boden ganz leicht gebräunt ist. Gut beobachten: Der Biskuit ist fertig, wenn er bei leichtem Druck mit dem Finger wieder in die Ausgangsposition zurückspringt. Vollständig abkühlen lassen, dann horizontal halbieren.

Für die Cremefüllung die Sahne mit den Verbenenblättern durch ein sehr feines Sieb abseihen. In einer hohen Schüssel mit Puderzucker und einer Prise Salz steif schlagen.

Die Gelatine in kaltem Wasser einweichen.

Den Topfen in einer Rührschüssel glattrühren.

Die 3-4 übrigen Esslöffel Sahne erwärmen. Die Gelatineblätter ausdrücken und darin auflösen. Die Gelatinesahne unter den Topfen rühren. Die steifgeschlagene Verbenensahne vorsichtig unterheben.

Die Cremefüllung gleichmäßig auf der unteren Hälfte des Biskuits verteilen (ich habe dafür einen Tortenrahmen aus Karton und Alufolie gebastelt). Im Kühlschrank (am besten luftdicht verpackt) „anziehen“ lassen.

In der Zwischenzeit die Erdbeeren waschen, trockentupfen und halbieren.

Für den Guss die Gelatine in kaltem Wasser einweichen. Den Kombucha erhitzen, aber nicht aufkochen lassen. Die Gelatine ausdrücken und darin auflösen. Den Guss unter gelegentlichem Rühren abkühlen lassen, bis er eine sirupartige Konsistenz hat.

Die untere Hälfte des Kuchens aus dem Kühlschrank nehmen. Die obere Biskuithälfte daraufsetzen, sodass die „Kruste“ oben ist. Die Erdbeerhälften darauf verteilen und mit dem Kombuchaguss überziehen. Für mehrere Stunden kühlstellen, dann Zitronenzeste darüberreiben und in Quadrate schneiden.

Gekühlt aufbewahren.



Hi, ich bin Jana.
Seit 2009 veröffentliche ich hier wöchentlich Rezepte, Reiseberichte, Restaurantempfehlungen (meistens in Wien), Linktipps und alles, was ich sonst noch spannend finde. Ich arbeite als Podcastproduzentin und freie Kulinarikjournalistin. Lies mehr über mich und die Zuckerbäckerei auf der About-Seite.

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Im Zuckersüß sammle ich (fast) jeden Sonntag meine liebsten Links der Woche: Rezepte für die Nachback-Liste, lesenswerte Blogposts, Zeitungsartikel und Longreads, Podcasts oder Musik, die mir gerade gefällt und oft genug auch Internet-Weirdness. Außerdem schreibe ich auf, was ich sonst so interessant fand: neue Rezepte in meiner Küche, Lokale, in denen ich gegessen, Pullover, die ich gestrickt oder Texte, die ich geschrieben habe.

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3 Comments

  1. Siebenhandl Annelies wrote:

    Liebe Jana
    Das ist schon die hohe Kunst des Backens und Kochens das Du veröffentlichst. Ich würde es mir nicht mehr zutrauen und deshalb
    staune ich immer wieder aufs Neue über Deine Rezepte. Ich freue mich
    jetzt schon, wenn ich mit Dir wieder einmal zum Essen gehen kann.
    Etwas mir Unbekanntes erklärt bekomme und das genießen.
    Weiterhin viel Erfolg Deine Oma

    Posted 10.15.20 Antworten