Ich war innerhalb von drei Monaten zweimal in Prag, seit meinem letzten Besuch sind schon wieder fünf Wochen vergangen – Zeit für einen Reiseblogpost also!
Die Stadt ist von Wien aus ziemlich gut erreichbar, ich habe mir über die tschechische Bahn einen günstigen Nachtzug für die Hinfahrt gebucht. Der Luxus dieses 3-Liegen-Abteil hat mich überrascht: Kleines Waschbecken mit Handtuch, Bett mit bereits überzogener Decke, eine (zwar geteilte, aber tadellose) Dusche und ein Willkommenspaket mit Schlafmaske, Ohrstöpseln und Pantoffeln. Nicht zu vergessen das Frühstück: drei Scheiben Brot, Butter, Marmelade, ein Keks, Orangensaft und Tee!
Die Ankunftszeit des Nightjet ist doch recht früh angesetzt (sechs Uhr morgens!) doch selbst zu dieser frühen Stunde war die Schlange am Öffi-Schalter (Automaten verkaufen nur Einzelfahrten, keine Zeitkarten) schon sehr lange. Weniger Tourist_innen wurden es im Laufe des Tages auch nicht.
Dank ausgedehnter Sicherheitskontrollen dauerte es fast eine Dreiviertelstunde, bis ich und meine Reisegefährtinnen in die Prager Burg gelangten. Das Innere ist recht schön anzuschauen – und, wie mir auffiel, die Kulisse von Mission Impossible 4, obwohl der Film eigentlich im Moskauer Kreml spielt!
Auch der Veitsdom dort macht was her – um die Seitengänge mit den schönen Fenstern bewundern zu können, muss man allerdings zahlen.
Mindestens so berühmt wie die Prager Burg ist die Karlsbrücke über die Moldau. An den beiden Ufern betritt man sie durch prächtige Portale und auch die Pfeiler sind mit Statuen geschmückt. Viel interessanter als das fand ich aber die zahlreichen Musiker dort: Die Variation reichte von Brass-Formation bis Alleinunterhalter, der gleichzeitig zehn Instrumente bedient.
Auf der Seite der Moldau, auf der nicht die Burg steht, sieht Prag aus wie Wien, finde ich. Dort einfach (relativ) planlos durch die Gegend zu laufen und Häuser anzuschauen gefiel mir gut.
Auf dem Platz der Republik gibt es nicht nur ein sehr großes (sehr langweiliges) Einkaufszentrum, sondern auch den sogenannten Pulverturm. Der ist so schwarz, dass man ihm seinen Namen sofort zutraut, weil früher (also bis ins 17. Jahrhundert, s. Wikipedia) Schwarzpulver darin gelagert wurde. Ein starker architektonischer Kontrast dazu ist das Repräsentationshaus im Jugendstil gleich daneben.
Hinter dem oben erwähnten langweiligen Einkaufszentrum findet sich allerdings ein cooles Kunstwerk: Ein verspiegelter Kopf (er bildet Franz Kafka ab), dessen Ebenen sich gegeneinander verdrehen.
In der Nähe des Bahnhofs steht ein Gebäude, das komplett aus dem Stadtbild fällt: Die Jerusalemsynagoge. Mit ihrer bunten Bemalung und den vielen vergoldeten Elementen, Türmchen und Bögen sieht sie irgendwie aus wie aus einem Zeichentrickfilm. Tatsächlich war es ein Wiener, der sie zur vorletzten Jahrhundertwende in Auftrag der jüdischen Gemeinde erbaute (s. Wikipedia).
Was die Stadt an Sehenswürdigkeiten sonst noch zu bieten hat, lest ihr am Besten im nächsten Reiseführer nach, denn ich will euch lieber kulinarische Tipps präsentieren.
Vor meiner Reise habe ich mich natürlich im Internet umgesehen, welche Restaurants und Cafés denn besuchenswert wären. Besonders hilfreich fand ich dabei die Seite Taste of Prague.
Bevor ich aber dazukam, diese Tipps zu befolgen, wurde ich von meinen Mitreisenden ins Lokàl Dlouhà geschleppt. Dieses modernisierte (wohl klassische) Wirtshaus hat mich sofort überzeugt. Das Bier wird mit einem witzigen Ankreuzzettel für die Zeche serviert, das traditionell (?) tschechische Menü enthält auch vegetarische Gerichte. Grundsätzlich kamen mir die Gerichte recht bekannt vor – Braten mit (Servietten-)Knödeln, Blutwurst, Krautsalat, Kren. Prag zählt zwar nicht mehr wirklich zum Grenzgebiet, aber gewisse Überschneidungen in der böhmisch-bayerisch-oberösterreichischen Küchen sind eigentlich nicht so verwunderlich. Ich aß letztlich Kraut-Puffer (soooo lecker!) mit Petersilienkartoffeln und Gurkensalat. Wenn ich wieder eine gut ausgestattete Küche zur Verfügung habe, werde ich versuchen, das nachzukochen.
Auch cool am Lokàl: Die Wände. Die dunklen Holzvertäfelungen wurden einfach mit Kreide bemalt und teilweise ausgefräst und hintergrundbeleuchet. So kann man zum Beispiel den Bierkreislauf (Bier-> Toillette-> Klärwerk -> Fluss -> Brunnen -> Bier) an der Wand verfolgen.
Zum Nachmittagskaffee machten wir einen Ausflug zum IF-Café Tylovo Náměstí. Ich finde, es ist das klassische Hipster-Café, ganz in grau-weiß gehalten, mit verglaster Backstube, Kellner_innen in „cooler“ Uniform und so weiter. Und die Törtchen dort sind verdammt gut! Geht unbedingt in dieses Café (oder eine der beiden anderen Filialen), wenn ihr in Prag seid, ihr werdet es nicht bereuen.
Leider ohne Foto (meine Kamera trage ich zum Ausgehen nicht mit mir herum), aber trotzdem unbedingt empfehlenswert ist die Cash Only Bar. Dort trank ich einen Bergamot London Buck, einen Cocktail mit Earl Grey Infused Gin, Ingwer, Orange und Zimt. Die Cocktails meiner Mitreisenden fand ich auch supergut, darunter sowohl Klassiker wie der Aviator, als auch Spezial-Mixes des Hauses. Und es ist wirklich günstig da, ein Getränk kostet umgerechnet gut sieben Euro, für die man in Prag auch um Welten schlechtere Getränke bekommen kann.
Und noch ein letzter Tipp, der gar kein richtiger ist: Esst Trdlnik. Diese gezuckerten Hefeteigröhren gibt es irgendwie eh an jeder Ecke und in tausend verschiedenen Variationen. In der Nähe der Karlsbrücke, stadteinwärts Richtung Hauptplatz (der mit der Uhr) gibt es gegenüber einer Kirche (genauer bekomme ich die Beschreibung leider nicht mehr hin) noch einen besonderen Laden, der auch Abwandlungen des Gebäcks verkauft, z.B. mit Aktivkohleteig, mit Eisfüllung oder Apfelkompott und Sahne. Diese Varianten sollte man aber lieber als ganze Mahlzeit essen oder teilen!
Vor meiner Abreise (mit bereits gut eingepackter Kamera) war ich dann noch im Café Louvre zum Frühstück. Es erinnerte mich stark an das Café Central in Wien, sowohl vom Angebot und der Einrichtung aus auch vom Publikum (hauptsächlich Tourist_innen).
Die Frühstückskarte ist sehr groß (sogar glutenfreien Kuchen gibt es!) und ich ärgere mich im Nachhinein sehr, mich gegen „Pancakes“ und für eine Eierspeise (=Rührei, bin schon sehr österreichisch mittlerweile) entschieden zu haben. Die „Pancakes“, das ging aus der Karte nicht hervor, waren nicht amerikanisch, sondern tschechischer Art. Der Teller am Nachbartisch sah so gut aus, dass ich gleich nach einem Rezept googlete. Es ist wohl Hefe und eine gute Menge Frittierfett, das die tschechischen Livance von Palatschinken oder Crêpes, Pancakes unterscheidet.
Nachdem es für Pfannkuchen keinen Ofen braucht (gut, eine Pfanne besitze ich momentan auch noch nicht), ist es gut möglich, dass ich mich mal an das Livance-Backen wage. Außerdem gibt es in meinem Wohnheim bestimmt auch eine_n Tschech_in, so viele Nationen wie hier vertreten sind!
In Kürze folgen übrigens noch ein paar Geschichten aus Nancy, bis dahin könnt ihr ja durch die anderen Reiseposts klicken, wenn ihr Lust habt: Eine Reise in die USA Pt. I NY, Eine Reise nach Paris, Eine Reise nach Venedig.
Höchst interessant und erstaunlich professionell. So viel Infos bekommt
man nicht einmal mit einem richtigen Reiseführer in Prag.
Sehr schön – wunderbarer Reisebericht
Deine Oma
danke :)