Zuckersüß 299

In meine zweite Praktikumswoche startete ich hochmotiviert und mit straffem Feierabendprogramm. Am Montag gab es einmal wieder eine Aufmacher-Medienrunde im Markhof. Bei dieser regelmäßigen (halbwegs jeden Monat) Veranstaltung war ich zuletzt im Januar. Damals erzählten Patrick Swanson und Michi Mayrhofer von ihrem Podcastprojekt „Was soll das?“ (Es lohnt sich immer noch, sich da durch zu hören, btw!), diesmal Anna Thalhammer von ihren Erfahrungen als Innenpolitik-Redakteurin bei der Presse. Zum Sketchnoten nahm ich erstmals iPad und Apple Pen, meine geschätzten gestrichenen 280g-Blanko-Karteikarten und mein Stiftemäppchen war nur Backup. Mit der App Autodesk Sketchbook (entdeckt in Nadine Roßas tollen Sketchnotebuch) bin ich zwar noch nicht ganz vertraut, aber die Vorteile des digitalen Kritzelns habe ich gut ausgenutzt: Rückstandsloses Wegradieren und Versetzen einzelner verlorener Elemente sind sehr hilfreich.

Sketchnote Aufmacher Anna Thalhammer
Mein erstes live gekritzeltes iPad-Sketchnote.

Am Dienstag habe ich ein paar der Weintrauben, die ich am Wochenende *am Land* geerntet habe zu Focaccia verarbeitet. Während der Hefeteig aufging, schaute ich ein paar Folgen „Big Mouth“, das mir von Freund_innen empfohlen worden ist. In der Netflixserie geht es um eine Gruppe Schüler_innen, die gerade an der Schwelle zur Pubertät stehen und zu den unpassendsten Momenten vom Hormonmonster heimgesucht werden. Den Zeichenstil der Figuren gefällt mir nicht so besonders gut, aber die Musik – vor allem der immer wechselnde Abspann und gelegentliche Musical-Einlagen – dagegen ziemlich. Überhaupt erinnert mich die Serie, vermutlich wegen der absurden Wendungen an meinen Soap-Allzeitfavoriten „Jane the Virgin“.

Am Donnerstag war es immer noch so heiß, dass mir mein Eis über die Finger schmelzen ließ, bevor ich dazukam, es aufzuschlecken – zwei bzw. drei Kugeln von Veganista sind aber auch nicht so wenig. Ich probierte „Dirty Banana“, Himbeere und Basilikum und vor allem bei letzterem fehlte mir die Cremigkeit, die nur Milch und Eier wirklich hinkriegen. Mein eigenes Basilikum-Eis von Juli 2014 ist mir da weitaus lieber und ich glaube das Bananen-Eis vom letzten Jahr ließe sich mit etwas Kakao zur Veganista-Sorte (in nicht-vegan) umbauen.

Gleich im Anschluss durchquerte ich halb Wien, um im Arsenal den Tänzer_innen des Impulstanz-Festivals beim Trainieren zuzuschauen. Täglich fünf Stunden verbrachten manche von ihnen in den Workshops, was mir unvorstellbar erschien.

Am Wochenende war ich auf einer Hochzeit in Niederösterreich eingeladen. Die Feier gefiel mir, die Organisator_innen hatten sich viel Tolles überlegt. Von den meisten Bräuchen, die im Laufe des Tages praktiziert wurden, hatte ich aber noch nie gehört. Das wundert mich doch ziemlich, denn das Mostviertel ist keine 250 km von der Gegend entfernt, in der ich aufgewachsen bin. Ist die Staatsgrenze schuld daran oder eher der Mangel an tatsächlich „traditionellen“ Hochzeiten in meinem Umfeld? Einem „Heiratsmann“ war ich jedenfalls bisher auf noch keiner Feier begegnet. Er wurde zusätzlich zur Band engagiert und war irgendetwas zwischen Stimmungsmacher, Zeitplan-Überwacher und latent misogyner Sprücheklopfer. Nichtmal Weihnachtsplätzerl am Ende der Feier konnten das wieder wettmachen, obwohl ich jetzt bekennender Schaumrollen-Fan bin.

Mit fast untragbarer Verspätung folgen hier meine liebsten Links der vergangenen Tage, am Sonntag gibts dann hoffentlich pünktlich die 300. Ausgabe meiner Linksammlungen:

REZEPT

Crispy Tofu – i am a foodblog 
Ich habe noch niemals etwas aus Tofu gekocht, diese Schritt-für-Schritt-Anleitung klingt machbar.

Mango Thumbprints with Spicy Hibiscus Sugar – Love and Olive Oil 
Und da sagt nochmal wer, Plätzerl wären nichts für den Sommer!

TEXT

Autofrei – chez @heibie 
Finde ich auch.

Ich hasse Autos nicht. Einige meiner besten Freunde sind Autos Ich fahr sogar selbst Auto, seit ein paar Jahren aber kein eigenes mehr. Gleichzeitig wohne ich aber auch in der Stadt. An einer vielbefahrenen Straße. Wie ich es sehe, in aller Kürze: Das individuell, täglich genutzte Auto nimmt im Vergleich zu anderen Personentransportmitteln zu viel Platz im städtischen, öffentlichen Raum in Anspruch. Es ist eigentlich ziemlich ineffizient, wenn man möglichst viele Personen schnell von A nach B bringen will. Und hat noch ein paar Nachteile mehr.
Ich finde es gut, Autofahren in der Stadt weniger attraktiv, und ÖPNV/Rad/Fußwege im Gegenzug wesentlich attraktiver zu machen.

Spitzengastronomie: Hamburger und Cola sind lukrativer – Süddeutsche.de (Via Anke Gröner)
Ich träume davon, mir einmal einen Besuch in einem Sternerestaurant zu leisten. Hoffentlich gehen bis dahin nicht alle in der Nähe pleite.

Selbst in einem streng kalkulierenden Unternehmen wie Althoff, einer Luxushotel-Gruppe, die Sternegastronomie zum Markenkern erhoben hat, gilt bei Haute Cuisine eine Durchschnittsmarge von zehn Prozent als sehr gut – Getränke eingerechnet und eine Auslastung von hundert Prozent vorausgesetzt. Von einem edlen Filet vom Wagyū-Rind zu 70Euro bleiben nach Steuern demnach 3,50 Euro übrig, wenn der Gast Wein dazu trinkt. Hamburger und Cola sind da lukrativer.

„Es ist unser Land, verteidigen wir es gemeinsam“ – Tagesspiegel
Ein ermutigendes Interview mit Migrationsforscherin Naika Foroutan.

Auf die AfD mit ihren sechs Millionen Wählern richten sich alle Scheinwerfer, auf die immer noch acht Millionen Ehrenamtlichen in der Flüchtlingshilfe nicht. Aber wir machen das Narrativ auf, ausgerechnet die, die man hell ausleuchtet, seien die Vergessenen. Was wäre, wenn diese acht Millionen einmal sichtbar wären! Es ist an der Zeit, dass wir Vergessenen, denen in den letzten Jahren Zug um Zug das Land genommen wurde, sichtbarer werden. Wir sind viel mehr Menschen, die diese hässliche Karikatur, die die AfD uns als zukünftiges Deutschland anbietet, nicht haben wollen. Und es ist auch keineswegs so, dass wir nur vaterlandslose Kosmopoliten sind, die nach einem globalen Niemandsland rufen. Von Ost bis West und vom Dorf bis in die Stadt haben Menschen Menschen aufgenommen, ihnen Zuflucht gegeben und sich dabei als Menschen gefühlt.

#metwo – Ja, es gibt Rassismus. Doch was können wir jetzt dagegen tun? – Prima Muslima
Mervy Kay schließt ihren Text mit einem ähnlichen Appell wie Naika Foroutan oben:

Aber das eine wiegt das andere nicht auf. Dass beides gleichzeitig und nebeneinander existiert – das tolle und das grausame Deutschland – ohne dass diese beiden Welten sich berühren: das ist es, was mich traurig macht. Das tolle Deutschland soll in das grausame Deutschland einbrechen und es in sich zusammenfallen lassen. Es soll nur ein Deutschland geben. Das wünsche ich mir. Dafür stehe ich ein.

Hört auf zu jammern, alte weiße Männer! – Süddeutsche Zeitung Magazin (via @brodnig)
Der Autor Till Raether ist übrigens selbst ein „alter weißer Mann“.

Der Gedanke, dass man wegen seiner Privilegien Vorteile hatte und hat, ist unheimlich, weil dieser Gedanke die eigene Lebensleistung in Frage zu stellen scheint: Eigentlich, so hat es Sophie Passmann gerade schön formuliert, müsste man sich doch als Mann immer fragen, ob man einen Job nur bekommen hat, weil man ein Mann ist, und nicht wegen der Qualifikation. Warum ist es so schwierig, das einzusehen?

Luxus Frauengesundheit – Работница
Ein arger Rant, an dem einiges dran ist:

Wenn wir also von Kapitalismus und Frauen sprechen: das Leben ist teuer, auch ein Mann sein ist teuer, eine Frau sein ist jedoch noch ein wenig teurer und kniffliger. Nicht nur für Verhütung und Schwangerschaftsabbrüche muss man tief in seine staubige Tasche greifen (mir haben einige Freundinnen erzählt, sie haben zur Sicherheit immer etwas auf ihrem Sparkonto weggespart, falls mal eine ungewollte Schwangerschaft passiert, weil in dem akuten Fall braucht man ja mal 600 Euro – ich gehöre übrigens dazu – wie absurd ist das? „Ich fahre heuer nach Malaga… ich nach Palermo… ich in die Abtreibungsklinik).

Die Welt der Honorarkonsuln – DiePresse
Suchergebnis, als ich nach einem Beitrag im linearen Fernsehen (!) genauer wissen wollte, was ein Honorarkonsul eigentlich ist.

Der Begriff „Konsul“ lockt freilich auf eine falsche Fährte: Es handelt sich dabei keineswegs um Diplomaten, sondern um gewöhnliche Bürger (oft Geschäftsleute oder Anwälte), die die Interessen eines Staates vertreten. Manchmal des eigenen im Ausland, meist aber eines fremden, mit dem man mehr oder weniger etwas zu tun hat. In Österreich gibt es laut den Daten des Beratungsunternehmens Watchdogs 254 Honorarkonsulate.

Yoga and the Maintenance of White Womanhood – Namaste Nation
Ich weiß nicht, wie ich auf diesen Artikel gestoßen bin, aber er hat mich auf ein Thema aufmerksam gemacht, das mir (aufgrund meiner Unsportlichkeit) recht fern liegt: Kulturelle Aneignung und Rassismus im Yoga.

And I have scrolled through millions upon millions of posts on Instagram with the tag #namaste, which overwhelmingly feature solitary, thin, able-bodied White women, demonstrating physical feats in otherwise empty, private spaces. More often than not, these posts are accompanied by self-aggrandizing, humble-bragging, spiritual-bypassing, “life advice.”

Wissenschaftskommunikation und Elfenbeauftragte: Warum es mir mittlerweile schwer fällt, über esoterischen Quatsch zu schreiben – Astrodicticum Simplex (via @noniq)
Ein Wissenschaftsblogger will Esoterik-Anhänger_innen erreichen.

Wenn ich über Esoterik schimpfe, dann erreiche ich damit genau diejenigen, die es gerne hören, wenn über Esoterik geschimpft wird. Aber die will ich doch eigentlich nicht erreichen! Ich will die erreichen, die an diesen Quatsch glauben und ihnen klar machen, dass dieser Quatsch nicht nur potentiell gefährlich ist, sondern auch viel weniger faszinierend als all das, was die echte Welt an echten Erkenntnissen zu bieten hat! Die erreiche ich aber nicht. Die stoße ich mit meiner Aufregung und Kritik sogar aktiv ab. Ich verfestige das wechselseitige Feindbild. Ich trage nicht zu einer Aufklärung bei, sondern schaffe höchstens Unterhaltung für diejenigen (von beiden Seiten der Debatte), die sich gerne aufregen. Was an sich nicht unbedingt etwas Schlechtes sein muss, aber genau genommen nicht das ist, was ich eigentlich erreichen will.

AUDIO/VIDEO

Westsahara – Alle Internetze
Diese arte-Reihe mag ich sehr gerne, Videos daraus sind wohl die einzigen, die ich mir in einem FB- oder Twitter-Feed tatsächlich anschaue. Hier geht es um die „letzte Kolonie“ Afrikas, die Westsahara, die Marokko als sein eigenes Staatsgebiet sieht. Die erwähnte Doku 3 Stolen Cameras schreibe ich auf meine Noch-Anschauen-Liste.

SONST SO

Public by Default (via Krautreporter Morgenpost)
Schön gemachte Seite über den Bezahldienst Venmo, der voreingestellt alle Transaktionen öffentlich macht.

FOTO

Ein Regenbogen über Wien, aufgenommen Mitte Juli.

BACKKATALOG

2010: Schokomuffins mit Schokofrosting
2011: Zwetschgenknödel
2012: Zwetschgen-Frangipane-Tarte
2013: Mandelkekse
2014: Apfelrosen – Gastpost von Zuckerwerkstatt
2015: Bastilla
2016: Simple Rezepte
2017: Eine Reise in die USA, Pt. 1: NY



Hi, ich bin Jana.
Seit 2009 veröffentliche ich hier wöchentlich Rezepte, Reiseberichte, Restaurantempfehlungen (meistens in Wien), Linktipps und alles, was ich sonst noch spannend finde. Ich arbeite als Podcastproduzentin und freie Kulinarikjournalistin. Lies mehr über mich und die Zuckerbäckerei auf der About-Seite.

Meine Sketchnotes:
jasowieso.com

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Porträtfoto: (c) Pamela Rußmann

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Im Zuckersüß sammle ich (fast) jeden Sonntag meine liebsten Links der Woche: Rezepte für die Nachback-Liste, lesenswerte Blogposts, Zeitungsartikel und Longreads, Podcasts oder Musik, die mir gerade gefällt und oft genug auch Internet-Weirdness. Außerdem schreibe ich auf, was ich sonst so interessant fand: neue Rezepte in meiner Küche, Lokale, in denen ich gegessen, Pullover, die ich gestrickt oder Texte, die ich geschrieben habe.

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